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Was niemand auf den Straßen sehen will: Müll

Gerald Walk Foto: Stimme-Der-Hauptstadt Frank Pfuhl

Was niemand auf den Straßen sehen will: Müll

Im Gespräch mit Gerald Walk 

Seit 2016 gehört Gerald Walk der BVV Reinickendorf an. Dort ist der Kommunalpolitiker Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD. Wir sprachen mit ihm über den Müll auf den Straßen von Reinickendorf.

Stimme-Der-Hauptstadt: Täuschen sich unsere Redaktion und die Leserschaft, wenn wir behaupten: Reinickendorf vermüllt immer mehr?

Gerald Walk: „Wer durch die Straßen und Grünanlagen von Reinickendorf läuft, dem fällt leicht auf, dass zunehmend Verschmutzung zu sehen ist. Einfach hingeworfen, oftmals gedankenlos oder aus Bequemlichkeit, ein Papiertaschentuch, eine Zigarettenkippe, eine alte Getränkeverpackung oder oder oder… Das prangere ich als beginnende Vermüllung an. Wo schon einmal jemand etwas hingeworfen hat, nimmt die Hemmung bei anderen Mitbürgern ab, den eigenen Abfall ebenfalls loszuwerden. Ich vertrete die Ansicht, jeder kann Mitgebrachtes wieder mit nach Hause oder zumindest bis zum nächsten Mülleimer mitnehmen“.

Foto: Stimme-Der-HauptstadtFrank Pfuhl

Stimme-Der-Hauptstadt: Sie haben dankenswerterweise in der letzten BVV-Sitzung, also am 12. Mai, gesagt, die Verschmutzung ist nicht nur der illegal im Tegeler Forst entsorgte Bauschutt. Es fängt bei der achtlos weggeworfenen Zigarettenkippe auf dem Bürgersteig an!

Gerald Walk: „Ich bin der Meinung, dass nicht erst die heimlich entsorgte Matratze oder der Bauschutt Müll ist, es fängt halt schon mit den kleinen Dingen an. Zigarettenreste sind da ein sehr negatives, obwohl kleines „Müllobjekt“. Die Kippen sind getränkt mit hochgiftigen Teer- und Nikotinkonzentraten, die Filter verrotten sehr langsam und Regen waschen die Schadstoffe heraus und das Gift zieht in die Böden. Papiertücher sind heute so zusammengesetzt, dass sie sich sehr schwer auflösen und lange, lange in den Grünanlagen liegen bleiben.

Foto: Stimme-Der-Hauptstadt Frank Pfuhl

Auch die unsäglichen Beutel, gefüllt mit Hundekot, bei der die „Hinterlassenschaft“ des Vierbeiners zwar aufgesammelt wurde, aber dann die schwarze Tüte einfach weggeworfen oder an Sträucher oder an Zäune gehängt wird. Dort bleiben die Dinge dann oft liegen, obwohl Plastiktüten sicherlich nicht verrotten werden. Warum beschaffen wir nicht wieder die „Dog-Stations“, die die Wall AG lange in Berlin installiert hatte? Als das sehr erfolgreiche Projekt auslief, kauften manche Bezirke die Ständer mit Beuteln und Mülleimer und betrieben dieses Projekt weiter. Reinickendorf war dazu nicht bereit. Warum das Reinickendorfer Bauamt es abgelehnt hatte, DOG-Station selbst aufzustellen hat sich mir nie erschlossen. Überall in Deutschland wird dieser Bürgerservice – auch in sehr kleiner Gemeinden – vorgefunden. Oft auch finanziert durch örtliche Werbung. Von meiner Argumentation hat das Bezirksamt Reinickendorf sich 2017 nicht überzeugen lassen“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Was sind Ihre konkreten Vorschläge, der Verschmutzung im Bezirk entgegenzuwirken?

Gerald Walk: „Wir müssen als Bezirk und als Kommunalpolitiker eine Aktion anstoßen, die eine klare Botschaft an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger beinhaltet, die ihre Sachen achtlos wegwerfen! Beispielsweise: „Haltet unseren Bezirk sauber“ oder „Wir halten unseren Bezirk sauber“. 

Dazu brauchen wir Projekte, die entwickelt und als Kampagne umgesetzt werden sollten. Die Reinickendorferinnen und Reinickendorfer sollten eingebunden und um Vorschläge gebeten werden.

Dazu wollte die SPD-Fraktion einen Sonderausschuss der BVV mit dem Titel „Sauberes Reinickendorf“ einrichten, der als verantwortliches Gremium die Kampagne anstößt, strukturiert und für die politische Umsetzung sorgeträgt. Erst waren alle Fraktionen dafür, dann landete der Antrag im Hauptausschuss, für den der Bürgermeister Balzer die Verantwortung hat, und nun sind auf einmal fast alle dagegen“. 

Stimme-Der-Hauptstadt: Aber Bürgermeister Balzer hat doch öfter Reinigungsaktionen an verschiedenen Plätzen Reinickendorfs selbst angestoßen und aktiv unterstützt.

Gerald Walk: „Da haben Sie Recht. Da war der Bürgermeister früher -sehr öffentlichkeitswirksam – mit Warnweste, Müllbeutel und Greifzange zu beobachten, wie er half, die Greenwichpromenade im Frühling zu reinigen. Unterstützung erhielt er von Mitgliedern seiner Partei. Das ist ein löblicher Ansatz, aber was hilft das gegen die Verschmutzung in allen Bereichen des Bezirks? Wir müssen daran gehen, die Entstehung von Verschmutzung zu verhindern, mit mehr Mülleimern in Grünanlagen, mit offensiver Werbung und Überzeugungsarbeit für Sauberkeit. Das sind klare Signale, wie wichtig der Politik und der überwiegenden Mehrheit der Mitbürger ein sauberes Reinickendorf ist“.

Foto: Stimme-Der-Hauptstadt Frank Pfuhl

Stimme-Der-Hauptstadt: Sie sind pensionierter Oberschulrat. Die Pension reicht sicherlich für den Kauf von Lebensmittel, zum Bezahlen von Strom, Gas und Miete. Genüsslich könnten Sie doch in einer Wohnung an der Ostsee oder in den Bayerischen Alpen beispielsweise leben. Warum sind Sie als Bezirksverordneter im Einsatz? Sie stehen ja auf Platz 3 der Liste der SPD im Bezirk und werden mit Gewissheit auch der nächsten BVV wieder angehören. An der schmalen Aufwandsentschädigung und dem Sitzungsgeld kann es ja sicherlich nicht liegen, dass Sie sich in der Kommunalpolitik engagieren?

Gerald Walk: „Ich bin seit fast 40 Jahren Sozialdemokrat. Als ich noch beruflich tätig war, war die Zeit für ein kommunalpolitisches Mandat nicht da. Jetzt ist die Zeit da, ich bin noch so rege im Geist, dass ich meine Erfahrungen aktiv in die Entwicklung Reinickendorfs einbringen kann. Ich arbeite gerne in der Kommunalpolitik!

Natürlich gäbe es auch andere Möglichkeiten der Beschäftigung. Meine Wohnung und das Boot am Bodensee nutze ich für 12 bis 15 Wochen im Jahr und wenn die Pflicht ruft, mache ich mich wieder auf den Weg nach Berlin. Bisher habe ich in keiner Sitzung gefehlt. 

Das Sitzungsgeld spielt bei mir keine Rolle. Ich bin finanziell – glücklicherweise- vollkommen unabhängig und das macht es auch aus, dass ich es mir herausnehmen kann, meine Meinung offen und deutlich, manchmal laut, manchmal auch etwas zu laut, zu sagen! 

Kommunalpolitik ist aktives Wirken für den Ort an dem man lebt. Ich bin in Reinickendorf geboren, habe nur während des Studiums nicht hier gewohnt, bin 1977 wieder nach Tegel gezogen, habe geheiratet, Gemeinsam mit meiner Ehefrau habe ich unsere Kinder im Bezirk Reinickendorf großgezogen, ein Haus gebaut und sind hier alt geworden.

Ich denke diese Tatsachen reichen, um zu verstehen, warum ich mich für meinen Bezirk – und besonders für ein gut regiertes und sauberes Reinickendorf engagiere“! 

Stimme-Der-Hauptstadt: Vielen Dank für das Gespräch. (Text: Volker Neef/Fotos: Frank Pfuhl)

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Frank Pfuhl
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SDHB Redaktion Berlin