Neu in Berlin: Spaccanapoli 12 – zeitgenössische neapolitanische Pizzerria
15. Februar 2022
Film „Echo“ von Mareike Wegener feierte Weltpremiere bei der Berlinale
15. Februar 2022
alle anzeigen

Menschen mit Spuren und und ihre Wege durch die Krise. Folge 21: Sabine Asgodom 

Sabine Asgodom, Foto: Joachim Skambraks 

Sabine Asgodom hat schon 35 Bücher geschrieben. Davon waren einige auf der Spiegel-Bestsellerliste. Sie ist eine der größten Rednerinnen in im deutschsprachigen Raum und hat das Bundesverdienstkreuz für ihr ehrenamtliches Engagement erhalten. Sie bildet Coaches aus und hat unheimlich viel Inspiration zu teilen. Sie hatte sogar eine eigene Fernsehsendung. 

www.asgodom.de

 MMS: Sabine, wie hinterlässt du aus deiner Sicht Spuren? 

Sabine Asgodom: Spuren hinterlassen ist ein großer Weg. Ich glaube, ich schaffe es durch Resonanz. Also, ich kann Menschen erreichen. Wenn man Menschen erreicht, dann verändert sich irgend etwas. Manchmal Winzigkeiten und manchmal etwas Größeres. So arbeite ich mit Menschen, die etwas verändern oder etwas verstärken. Also ich bestärke auch Menschen. Ob das auf einer Bühne oder im Einzelcoaching ist, ist egal. Da passiert etwas zwischen zwei Menschen und das öffnet Türen. Das lässt neue Spuren zu, aus den alten heraustreten und neue Spuren legen. Das macht mir Spaß. 

MMS: Du hast mir gerade ein Stichwort gegeben: Was macht das mit Menschen? Wir hatten jetzt diese Pandemie, Krise oder Lockdown. Was hat das mit dir gemacht? 

abine Asgodom: Es hat alles alles umgewirbelt. Das ist ein Wirbelsturm in meinem Leben, das gesettelt war. Wir hatten ein großes Büro mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir mussten sehr viel schuften, um das alles finanzieren zu können. Durch diese Pandemie machte es irgendwie „schlupf“ und alles war weg. Kein Auftrag mehr, kein Coaching mehr, keinen Vortrag mehr. Im März letztes Jahr saßen wir im Büro und haben nur Absagen angenommen. Natürlich spürte ich leichte Panik, aber ich habe das große Glück, mit meiner Tochter, mit meinem Sohn zusammen zu arbeiten. Wir drei sind Gesellschafter des Unternehmens und haben uns zusammengesetzt. Wir haben noch im März beschlossen, dass wir alles auf digital umstellen, was wir anbieten, dass wir das Büro und die Seminarräume sofort kündigen. Alles reduzieren auf das Nötige. Wir haben unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Das war das einzig Richtige. Da haben andere noch davon geträumt, in vier Wochen ist alles vorbei. Ich bin von Natur aus „Katastrophizer“, wie mein Mann immer gesagt hat. Es war in dem Fall prima, weil ich wusste, es kommt eine mittlere Katastrophe auf uns zu. Dann haben wir alles umgestellt und ich kann nur sagen: Diese anderthalb Jahre waren nicht schlimm. Natürlich haben wir eine Zeitlang überhaupt kein Geld verdient. Sehr schnell haben wir über die Digitalisierung wieder Geld verdient. Dieses Jahr im Herbst (2021) ist alles nachgeholt worden, was verschoben worden war. Aber es hat uns alle Drei extrem entspannt. Es ist so dieser dieser ständige Druck von hinten raus gegangen. Mehr, mehr noch eins drauf, noch eins drauf. Ich bin im Nachhinein extrem dankbar. 

MMS: Auch wenn du ein von Grund auf positiver Mensch bist, die Einsamkeit, die veränderten Rahmenbedingungen, das macht ja was mit einem. Eine Sabine Asgodom wäre nicht eine Sabine Asgodom, wenn sie nicht auch ein paar Ideen, ein paar Methoden hätte. Was hat dir durch diese Zeit geholfen? 

Sabine Asgodom: Ich habe diese Einsamkeit und diesen leeren Tage wirklich für mich genutzt. Ich habe mir letztes Jahr eine Therapeutin gesucht, weil ich meinen Mann an Demenz verloren habe. Es ging mir seelisch ganz schlecht. Ich habe die Zeit genutzt, um darüber zu reden und diese tiefe Traurigkeit loszuwerden, in der ich gesteckt habe. Dann habe ich mir einen Personal-Trainer gesucht. Ich hatte mir mein Knie verletzt und habe angefangen, regelmäßig mit Anleitung Sport zu machen. Das hat mir extrem gut getan. Ich habe mich wieder fit gemacht für die Welt. Ich war zum Teil ein Stück ausgebrannt und durch den Verlust meines Mannes in einer depressiven Stimmung, vorsichtig ausgedrückt. Da habe ich gemerkt: Tu was für dich selbst. Du bist jetzt das Wichtigste, nicht mehr das Business. Wir haben einen schönen langen Urlaub mit den Kindern zusammen gemacht und uns einfach verwöhnen lassen. Von daher war die Zeit natürlich dramatisch, aber sie war nicht schlimm. Auf der anderen Seite bin ich ein unverbesserlicher Optimist. Mir war irgendwie klar: Das kriegen wir hin. 

Sabine Asgodom, Foto: Joachim Skambraks 

MMS: Menschen mit Spuren fragt auch inwieweit Kunst, Kultur, Literatur, Musik oder Theater geholfen haben, ein wenig durch diese Krise zu kommen. Was kannst du uns dazu erzählen

Sabine Asgodom: Ich habe für mich die Musik wieder entdeckt und zwar eine Musikrichtung, die ich nie in meinem leben wahrgenommen hatte oder nur als Lärm. Ich bin in den siebziger Jahren auf dieser Blues Soul Welle gewesen und habe Rock überhaupt nicht mitgekriegt. Diese Irren, die Gitarrenriffs gespielt haben. In diesem Jahr habe ich mich verliebt in Rock. Echt verrückt. Du wirst du 68 Jahre alt und wirst Rockfan. Über einen Film auf YouTube und zwar „Tribute to Led Zeppelin“. Da spielte die Gruppe Hard „Stairway to Heaven“. Kennst du so Erweckungsmomente? Ich habe da gesessen. Das gibt es doch gar nicht! Warum habe ich das nie wahrgenommen? Ich habe diesen Film inzwischen hundertmal gesehen und dann habe ich mich verliebt natürlich in Jimmy Page, den Gitarristen. (Wenn jemand die Telefonnummer hat…) Ich liebe inzwischen Led Zeppelin. Ich erkenne die unglaubliche künstlerische Qualität, die da drin steckt, was ich früher nie wahrgenommen habe. Das ist Mozart in modern, weil es nie langweilig ist. Es ist immer überraschend. Es ist künstlerisch. Es ist von den Texten her hoch literarisch. Das könnte ich von morgens bis abends hören. Es rockt mich durch, es hat mir wirklich Kraft gegeben. 

MMS: Eine frage hätte ich noch, wie Colombo sagt. Diese Auszeit hat ja auch die Chance, dass etwas Neues entstehen kann. Welche Transformation oder Innovation hast du unternommen? 

Sabine Asgodom: Beruflich war die größte Revolution in der Zeit die Digitalisierung. Ich habe schon länger digitale Coachings gemacht. Wir haben das so konsequent umgestaltet. Wir machen ja eine Coachausbildung, die digital hervorragend läuft. Ich hätte immer gesagt: Das geht nicht, man muss sich spüren. Ich habe festgestellt, man spürt sich über Zoom genauso intensiv. Ich finde sogar, die Ausbildung ist fokussierter als früher. Es gibt ja auch viel Störungen in einem Wochenende. Ich habe das Gefühl, wir sind jetzt absolut fokussiert auf das Thema. Die Menschen lernen. Sie probieren sich aus. Ich habe meine Vorträge digitalisiert. Mein Sohn ist mit in der Ausbildung. Er ist auch Coach und hat eine bestimmte Coachingmethode, die mit Bildern arbeitet. Er hat es geschafft, dass das alles digitalisiert worden ist. Wir stellen fest: Der Eindruck ist genauso stark, wenn du das über die Kamera siehst oder den Bildschirm, als wenn du diese Karte in der Hand hältst. Das hätte ich ohne meine Kinder nie im Leben geschafft. Mein Sohn hat innerhalb von zwei Tagen ein Studio aufgebaut und wir haben wirklich von einem Wochenende zum anderen umgeschaltet auf digitale Ausbildung. Das finde ich faszinierend. Jetzt habe ich auch Lust darauf Programme wirklich rein digital anzubieten. Workshops und Coachings, wo ich früher gesagt habe, so etwas kann ich nicht. Ich muss live sein. Plötzlich merke ich, das ist auch live nur anders. 

MMS: Sabine, Danke dir für deine Inspiration, und dass du so offen Persönliches mit uns geteilt hast. 

Fotos und Interview: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt.Berlin, Redaktion München 

Hier finden Sie den Link zum Video: 

Print Friendly, PDF & Email
Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin