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Foto Frank Pfuhl

Marcus Held, MdB fordert klare Perspektiven für die Zukunft der Tourismusbranche

Marcus Held (SPD) vertritt seit 2013 den Wahlkreis Worms im Deutschen Bundestag. Der Volljurist aus Rheinhessen und ehemalige Stadtbürgermeister von Oppenheim war in der letzten Wahlperiode für die SPD-Fraktion Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, aktuell ist er stellv. Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung und im Umweltausschuss. Im Deutschen Bundestag sprachen wir mit Parlamentarier über die Zukunft des Tourismus und der Messen.

Stimme-Der-Hauptstadt: Für Sie hat der Tourismus einen sehr hohen Stellenwert. Sie haben beispielsweise 2006 die 1935 begründete Tradition der Oppenheimer „Weinpatenschaft“ belebt. Man schlug daraufhin den Regierenden Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit zum „Weinritter“. Es folgten Ministerpräsidentin MaLu Dreyer, Kardinal Karl Lehmann und Gregor Gysi. Die weltweit größte Messe für Tourismus, die ITB, fiel sowohl 2019 als auch 2020 Pandemiebedingt aus. Onlineveranstaltungen ersetzen niemals das persönliche, informative Gespräch von Menschen zu Menschen am Messestand. Was bedeutet das alles in Ihren Augen für den Tourismus?

Marcus Held; MdB: „Die Faszination, neue Kulturen, Regionen und Länder zu entdecken, begeistert in unserem Lande zahlreiche Bürgerinnen und Bürger. Gerade die Corona-Krise hat deutlich vor Augen geführt, welch ein hohes Gut die Freiheit zu reisen und Neues zu bestaunen in unserem Leben einnimmt. Ich habe mich daher in den vielen Gesprächen sowohl im Wahlkreis als auch in Berlin seit Beginn der Pandemie immer dafür eingesetzt, klare Perspektiven für die Zukunft der Tourismusbranche zu schaffen. Gelingt uns dies nicht, verlagert sich der Tourismus zunehmend aus Deutschland ins Ausland, wo bereits zahlreiche solcher Konzepte existieren. Dabei hat Deutschland gerade regional eine unglaubliche Vielfalt zu bieten, die zu entdecken wir auch zukünftig politisch stark unterstützen sollten. Ich hoffe sehr, dass die ITB im nächsten Jahr 2022 wieder weitgehend normal und mit vielen persönlichen Begegnungen stattfinden wird“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Sollten in Berlin und an anderen deutschen Messestandorten weitere Messen ausfallen bzw. nur digital stattfinden: Wie sehen Sie die Zukunft der Messen und der daran hängenden Berufe wie Messebauer, sowie Gastronomie und des Hotelgewerbes?

Marcus Held; MdB: „Sie sprechen völlig zu Recht an, dass nicht nur die Reiseveranstalter und Messebetreiber, sondern zahlreiche weitere Branchen und Betriebe von der Situation im Tourismusgewerbe abhängen. Diese Wertschöpfungskreisläufe von hochqualifizierten Dienstleistungen sind ein wichtiger Baustein in der Wirtschaftsstruktur unseres Landes. Ich stand und stehe einer pauschalen Schließung der Hotellerie und Gastronomie nach wie vor sehr kritisch gegenüber, da gerade dort sehr sorgfältig und mit beachtlichem finanziellem Volumen in die Hygiene- und Schutzkonzepte investiert wurde. Dafür fordern diese Gewerbetreibenden völlig berechtigt ihre Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern ein. Wir brauchen dringend langfristige Ideen, um diese Bereiche strukturell zu fördern. Ich freue mich sehr, dass unser Kanzlerkandidat Olaf Scholz hierzu bereits konkrete Vorschläge vorgelegt hat“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Eine Messe sorgt ja auch immer für erhöhte Einnahmen bei Taxifahrern und im Handel.Man kauft am Ort der Messe die zu Hause nicht im Koffer eingepackte Zahnbürste oder das Rasierwasser. In Berlin sind sogar an manchen Sonntagen die Geschäfte während der Messetage geöffnet. Diese Sonntage haben dem Einzelhandel immer sehr gute Umsätze beschert. Keine Messe bedeutet weniger Sonntagsöffnungen, so lautet die einfache Formel. Ist sich mancher Entscheider, der eine Messe absagt, Ihrer Meinung eigentlich bewusst, was alles daran hängt, wenn eine Messe ausfällt?

Marcus Held, MdB: „Aus meiner Sicht brauchen wir ein gesteigertes Bewusstsein für die Wertschöpfungskreisläufe in den Herzkammern unserer Volkswirtschaft. Im vergangenen Jahr wurde umfangreich über die Rückverlagerung von internationalen Liefer- und Wertschöpfungsketten nach Europa vom globalen Maßstab aus berichtet. Für mich beginnt Politik jedoch gerade immer dort, wo es den Alltag der Menschen am meisten betrifft – in den Städten und Kommunen. Neben der Sensibilisierung für die von Ihnen angesprochenen Sachverhalte benötigt es daher meiner Meinung nach insbesondere einen geschärften Blick auf die Bedeutung von Veranstaltungen wie Messen, Gewerbeschauen oder Stadtfesten als zentralem Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Vielen Dank für das Gespräch.(Text: Frank Pfuhl/Foto: Volker Neef)

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Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin