Menschen mit Spuren und ihre Wege durch die Krise. Folge 35: Margit Hertlein
Margit Hertlein ist Neugier-Expertin und die Frau in Orange. Mit großer Energie kombiniert sie auf der Bühne wertvolle Inhalte mit inspirierendem Humor. Die mehrfache Buchautorin (Raus aus dem Jammersumpf) ist zudem sehr gefragt und beliebt als Coach und Trainerin. Vom Deutschen Rednerverband GSA wurde sie in die Hall of Fame aufgenommen.
MMS: Herzlich Willkommen der Frau in Orange und Neugier-Expertin, Margit. Ich freue mich auf unser Gespräch.
Margit Hertlein: Danke für die Ankündigung. Die Frau in Orange tut mir gut und das finde ich wunderschön. Tatsächlich ist das erste Kapitel in meinem Buch „Raus aus dem Jammersumpf“: Neugierde ist der Beginn von Allem. Als ich das Buch geschrieben habe, war mir gar nicht klar, wie wichtig Neugier in der Folge für mich wird.
MMS: Wie hinterlässt du aus deiner Sicht Spuren?
Margit Hertlein: Das mit den Spuren ist so eine Sache. Ich denke, die wichtigsten Spuren, die ich überhaupt hinterlasse, sind meine Kinder, sind die Menschen ganz in meiner Nähe. Mein Mann und meine engsten Freunde. Da hinterlasse ich sicher Spuren. Ich hoffe, immer nur gute. Bei meinem Mann hoffe ich es ganz besonders. Bei den anderen Spuren bin ich mir nicht sicher. Als Rednerin, als Trainerin, als Coach gibst du Samenkörnchen raus und kannst einfach nur hoffen, dass die auf fruchtbaren Boden fallen und dann auch genügend Wasser und Dünger kriegen und wachsen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob man das als Spuren bezeichnen soll.
MMS: Interessant: Menschen, die große Spuren in den Seelen von anderen hinterlassen, machen sich selber manchmal ganz klein. Wir hatten jetzt zwei Jahre Pandemie und Lockdown. Was hat das mit dir privat oder geschäftlich gemacht?
Margit Hertlein: Privat sind meine Familie und ich alle wirklich gut durchgekommen. Keiner ist krank geworden oder schwer erkrankt. Die Schwiegermutter ist gesund mit fast 90 Jahren. Du schaust dann schon wo die wesentlichen wesentlichen Dinge des Lebens sind. Geschäftlich ist es mir, wie ganz vielen in unserer Branche gegangen. Wirklich innerhalb von 14 Tagen waren alle Veranstaltungen abgesagt. Und da stehst du dann schon da und sagst: Ui, wie wird das dann werden? Bei mir war es durchaus etwas Positives. Ich konnte den Lockdown mit meinem Mann die ganze Zeit verbringen. Es ist ja nicht schlecht, wenn man schon vor der Pandemie seinen Partner richtig gern mag. Das hilft dann im Lockdown durchaus.
MMS: Was sagst du zu deiner Familie oder auch zu deinen Kunden und Klienten, mit welchen Methoden und mit welchen Techniken man ein bisschen besser durch diese Krise kommt?
Margit Hertlein: Ich habe einen Satz in mir, der mich lange begleitet und mir auch für meine Neugier hilft. Er heißt: Man weiß nie, wozu es gut ist. Ich habe mir gedacht, okay, wenn das nicht geht, dann geht was anders. Dann habe ich angefangen, das was ich mache, auf online umzustellen. Dann habe ich festgestellt, das geht online nicht. Okay, wenn das nicht geht, macht man etwas anderes. Ich konnte meine Neugier und meine Kreativität stark ausleben. Man kann natürlich nicht laut sagen: Es war geil. Weil es hat wirklich genügend Menschen richtig geschadet. Spannend ist in der Krise, für sich selber wieder zu entdecken, wie stark einen die eigenen Motivatoren unterstützen können. Was motiviert mich? Wenn ich das weiß, dann ist es einfach fantastisch. So weiß ich auch, auf was ich achten muss und was ich tun muss. Dann versinke ich eben nicht im Jammersumpf und denke nicht, es geht gar nichts weiter. Dazu braucht es, die eigenen Motivatoren zu kennen, zu schätzen und zu füttern. Wenn wir bei dem Bild von dem Füttern bleiben, habe ich festgestellt, dass manche Menschen einfach nicht mehr zugelangt haben. Es waren Gerichte da. Es waren Möglichkeiten zum Essen da. Aber viele haben den Tisch und das Essen gar nicht mehr gesehen und sich nicht bedient. Das finde ich schade. Wenn ich natürlich an eine Berufsgruppe wie die Pflege denke, wo so viel von außen eingeprasselt ist. Trotzdem habe ich es mit Online-Workshops immer wieder geschafft zu sagen: Okay, was tut denn dir gut? Dann kam als Antwort: Ach so, stimmt. Das habe ich ja schon ewig nicht mehr gemacht. Da sage ich dann immer: Es könnte manchmal ganz einfach sein, Nein, es ist natürlich nicht so einfach. Aber diese Unterstützung sich selber geben, dieses „sorge für dich selber“ ist so wichtig. Wenn ich das nicht mache, wie will ich dann andere unterstützen? Die Digitalisierung hat ja immer so leicht an die Türen der Vorstandsetagen geklopft. Aber die sind ja meistens doppelt so dick. Innen hat man das gar nicht gehört. Oder an Meetingräume für Change-Prozesse hat die Digitalisierung auch angeklopft. Es hat sich schon in einigen Firmen etwas getan. Aber in den meisten Firmen hat sich entweder unglaublich langsam oder sehr zäh sehr wenig getan. Oder der Spruch: Nein, jetzt noch nicht. Dann kam die Pandemie mit einem Rammbock und hat wie Türen einfach eingetreten. Peng, und sie stand im Raum. Plötzlich gingen dann auch Sachen, von denen ich wirklich 20 Jahre lang gesagt habe: Das könnte man auch online machen. Da gab es noch kein Zoom, aber Skype gibt es schon über zehn Jahre. Plötzlich haben Menschen festgestellt: Das ist ja gut. Coaching kann man auch online hervorragend machen. Was nicht heißt, dass dieses in die Augen schauen, wie es wir zwei jetzt machen, natürlich seinen Reiz und seine Berechtigung behält. Ich fand es toll, dass das andere endlich möglich war.
MMS: Menschen mit Spuren beschäftigt sich mit dem Aspekt von Kultur, Literatur, Musik oder Kunst. Was aus dem Bereich hat dir geholfen, besser durch die Zeit zu kommen?
Margit Hertlein: Es war das Obergeschenk schlechthin. Alles, was man bisher gemacht hat, auf den Prüfstand zu stellen und zu sagen: Wenn es so nicht geht, wie machen wir es dann? Ich habe im ersten Jahr 2020, wo noch keiner wusste, wie es weiter geht, für die PTA’s in der Apotheke jeden Tag Mittagsgedanken mit Margit gemacht. Frei nach dem Motto: Habt mich jetzt alle gern. Ich will jetzt maximal zehn Minuten diese Frau anhören. Ich habe den Menschen natürlich Inhalte gegeben. Zum Beispiel: Was ist eine selbsterfüllende Prophezeiung? Wo kommt das her? Was löst es aus? Wohin richte ich meinen Fokus? Schaue ich nur aufs Negative oder gibt an in einem wirklich saublöden Tag auch einen guten Punkt? Finde ich den dann auch wieder? Die Resonanz war überwältigend. Es ist eben für den Tag ein kleines bisschen was. Man muss jetzt nicht auf das Große schauen, sondern es sind viele Kleinigkeiten. Sie machen es dann aus, ob du etwas bewirkst oder den anderen etwas Gutes tust. Wenn vielleicht jemand sagt: Auf die Idee wäre ich 2019 nicht gekommen.
MMS: Margit, ich erlebe dich als einen spirituellen Menschen allerdings ohne dieses esoterische Gehabe. Was ist bei dir noch an Transformation passiert?
Margit Hertlein: Nö – Nö – Nö. Es hat mir so viel Freude gemacht, dass ich quasi von einem gepflegten Trab in der Neugier in einen fliegenden Galopp gewechselt bin. Das hat sich einfach nur cool angefühlt.
MMS: Vielen Dank für unser Gespräch. Es war mir eine große Freude und ich fand es wunderbar.
Fotos und Interview: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt.Berlin, Redaktion München
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