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Der sechste Mann

Rathaus Reinickendorf Foto/Stimme-Der-Hauptstadt/Volker Neef

Der sechste Mann

Mit dem „sechsten Mann“ soll nicht eine geplante moderne, freie Neuverfilmung eines in schwarz -weiß gedrehten Films, der in der Nachkriegszeit in Wien gedreht worden ist und in dem Orson Welles mitwirkt, angesprochen werden. Ob es sich nach den Wahlen im Herbst in allen Berliner Bezirken um den „sechsten Mann“ handelt, bleibt abzuwarten. Es kann auch eine Dame sein. Wie am Ende in jedem Berliner Bezirksamt die konkrete Besetzung aussehen wird, bleibt ebenfalls abzuwarten und ist bestimmt in jedem einzelnen Bezirksamt unterschiedlich. Es betrifft nicht nur die Parteizugehörigkeit der sechs Mitglieder des Bezirksamtes, auch ob es sechs Herren, sechs Damen, zwei Damen und vier Herren oder andere mathematische Konstellationen sein werden, wird man einige Tage nach den Wahlen zur BVV konkret wissen. Das hier in diesem Artikel nur von Damen und Herren geredet wird, liegt einzig und allein am Autor. Die Chefredaktion überlässt es jedem einzelnen Autor, ob er, sie, es (ist etwas vergessen worden vielleicht?) gendert und ob man nach der neuen Rechtschreibreform es ausdrückt oder starr an der alten Rechtschreibung festhält. Dictum-Factum! Tatsache hingegen ist, demnächst besteht das Leitungsgremium eines jeden Bezirksamtes aus sechs verantwortlichen Personen. Momentan verfügt jeder Bezirk über einen Bezirksbürgermeister, einen Stellvertretenden Bezirksbürgermeister und drei Bezirksstadträten. Im Herbst wird ein Bezirksstadtrat hinzukommen. Nun wird es immer Zeitgenossen geben, denen sind es zu viele Verantwortliche im Bezirksamt. Andere Bürger werden ihren Unmut zum Ausdruck bringen, es seien für die Berliner Bezirke doch immer noch zu wenige. Bestimmt spielt auch die Größe eines Bezirkes eine Rolle, wie viele Bezirksstadträte erforderlich sind. So kommt Treptow-Köpenick auf rund 274.000 Einwohner; Pankow auf 410.000. Das sind Unterschiede in Höhe von 136.000 Einwohner. Um das einmal anschaulicher darzustellen: Im bayerischen Ingolstadt leben um 136.000 Bürgerinnen und Bürger. Die Einwohnerdifferenz zwischen Pankow in Bezug auf Treptow-Köpenick endspricht also der Einwohnerzahl von Ingolstadt, die mit ihrer recht bescheidenen Einwohnerzahl (für Berliner Verhältnisse) schon die zweitgrößte Stadt Oberbayerns ist und nur von München überflügelt wird. Die Frage, ob der „sechste Mann“ nun vorteilhaft ist, müssen zuerst Berliner Politiker beantworten. Zwei Politiker hat unsere Redaktion befragt und natürlich gemäß der politcal correctness gehört einer von ihnen einer Partei an, die den Berliner Senat stellt und der andere Politiker stammt aus den Reihen der Opposition. Für das Regierungslager des Senats, das bekanntermaßen aus SPD-Grünen-Linken besteht, sprach unsere Redaktion mit Gerald Walk.

Gerald Walk Foto / Privat

In der BVV Reinickendorf übt Gerald Walk das Amt des Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD aus. Er betonte: „Die aktuell anstehende Reform der Berliner Verwaltung und insbesondere der Struktur der zwölf Bezirksverwaltungen beinhalten wichtige Schritte in die richtige Richtung. Insbesondere die Entscheidung, die Zahl der Mitglieder der Bezirksämter auf die Zahl sechs zu erhöhen und die Struktur der Bezirksverwaltungen vergleichbar festzulegen, begrüße ich ausdrücklich. Dies ist eine dringend notwendige und überfällige Entscheidung. Die aktuelle Zahl von vier Stadtratspositionen und der Bürgermeisterei ist sicherlich zu gering. Die Berliner Bezirke sind alle samt Großstädte vergleichbar mit Bochum, Augsburg oder Aachen und haben umfangreiche Verwaltungsaufgaben zu erfüllen. Die vergleichbaren Großstädte haben in der Regel sechs Dezernenten, inklusive Bürgermeisteramt. Da macht es Sinn, die Berliner Bezirksverwaltungen adäquat auszustatten. Die Bevölkerung Berlins wächst seit Jahren um den Faktor 1 bis 2 Prozent, was für meinen Heimatbezirk Reinickendorf immerhin ein Wachstum von nahezu 3.000 bis 4.000 Personen pro Jahr bedeutet. Schon aus diesem Grund müssen die Aufgaben im Bezirksamt so strukturiert werden, dass die Aufgaben bürgernah und effizient erledigt werden können. Dazu braucht man Personal und Führung. Auch die Vereinheitlichung der Verwaltungsstrukturen der Bezirke ist unbedingt notwendig und lange überfällig. Wer von Reinickendorf nach Pankow, Neukölln oder Mitte zieht, sollte in dem neuen Wohnbezirk die gleiche Verwaltungsstruktur vorfinden wie an seinem bisherigen Wohnort. Verwaltung ist immer an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger auszurichten und nicht an zufälligen Interessen von Bezirksfürsten. Ich begrüße die Reform der Berliner Verwaltung und der Strukturen der Bezirksverwaltungen ausdrücklich und hoffe, dass die ebenfalls diskutierten Instrumente der Personalentwicklung und Personalsteuerung sowie der Führung durch Zielvereinbarungen die Verwaltungen der Bezirke und der gesamten Stadt an die Anforderungen unserer digitalen Zeit und die Servicewünsche der Berlinerinnen und Berliner heranführt. Ab Herbst 2021 werden wir die Aufgaben auf sechs Mitglieder in den Bezirksämtern verteilten. Wir sollten uns dann ein Jahr Zeit geben und diese Entscheidung der aktuellen Reform der Berliner Verwaltung noch einmal bewerten. Für mich ist es -wie bereits erwähnt-ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir es jetzt noch schaffen, die Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Senatsverwaltungen eindeutig zu bestimmen und Dopplungen abzubauen, sehe ich positiv in die Berliner Verwaltungszukunft.“ 

Thomas Seerig Foto: Stimme-Der-Hauptstadt Michael Königs

Der FDP-Politiker Thomas Seerig aus dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf gehört dem Berliner Abgeordnetenhaus an. Er ist u. a. Sprecher für Bürgerinnen und Bürger mit Handicap. Der Abgeordnete Thomas Seerig sagte: „Die Reform der Bezirksverwaltungsstrukturen ist ein erster wichtiger Schritt. Die einheitliche Struktur aller Bezirksämter ist überfällig, um gesamtstädtisch handeln zu können. Endlich sinnvolle Kombinationen statt persönlicher Liebhaberei. Die Verwaltung einer mittleren Großstadt, was unsere Bezirke sind, braucht auch Ressourcen. Also sind sechs Ressorts sinnvoll. Das bedingte Weisungsrecht der Bezirksbürgermeister ist praktisch, macht aber nur im Rahmen eines politischen Bezirksamtes Sinn. Dies einzuführen, dazu fehlte der Ganz-Großen-Koalition von CDU-SPD-Grünen-Linken-AfD dann leider noch Mut. Die FDP fordert seit langem ein politisches Bezirksamt. Eine Forderung, der sich die anderen Parteien verweigern, da sie Angst um ihre Posten im Bezirksamt per Proporz haben. Klare Verhältnisse schaffen aber auch klare Verantwortung.“ Ab Herbst können dann die Berlinerinnen und Berliner feststellen, ob der „sechste Mann“ im Bezirksamt vorteilhaft ist. An dieser Stelle bedankt sich unsere Redaktion nochmals bei Herrn Gerald Walk und Herrn Thomas Seerig, MdA für die Ausführungen!

(Text: Volker Neef/Fotos: Michael Königs; Privat; Volker Neef)

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Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin