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Berlin Upper East Side- Buchvorstellung 

(Foto: Sutton Verlag)

Berlin Upper East Side- Buchvorstellung 

Martin Wiebel kam 1943 in Berlin-Friedrichshain zur Welt. Dann liegt es doch sehr nahe, dass er über den Friedrichshain ein Buch schreibt!

Sein Werk „Berlin Upper East Side- Eine Friedrichshain- Biografie“ kam im Oktober 2021 im Sutton Verlag zu Erfurt heraus und umfasst 344 Seiten und rund 500 Abbildungen. 

Der Autor studierte nach dem Abitur Germanistik, Theaterwissenschaften, Publizistik und Soziologie. Nach erfolgreichem Abschluss an der FU Berlin war er beim „Spandauer Volksblatt“ als Theaterkritiker tätig. Von 1967 bis 1970 arbeitete Martin Wiebel als Chefdramaturg an der Freien Volksbühne Berlin. Dann zog es ihn nach Köln zum WDR. Von 1970 bis 1988 war er als Dramaturg im Programmbereich Fernsehspiel des größten ARD-Senders tätig. Zugleich leitete er die Redaktionsgruppe Projekte/Medienkritik im Programmbereich Kultur des WDR (Glashaus).

Von 1989 bis 1998 war Martin Wiebel stellvertretender Leiter der WDR-Programmgruppe Fernsehspiel. Seit 1997 arbeitete der gebürtige Friedrichshainer zusätzlich als Leiter der Redaktion Europäische Kino-Coproduktion.

1998 zog es ihn wieder nach Berlin. Er lebt als unabhängiger Film-TV-Consultant in der Bundeshauptstadt und unterrichtete von 1998 bis 2003 als Professor an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg im Bereich Creative Producing. Ebenso kann Martin Wiebel auf eine Tätigkeit als Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) und als Vize-Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste hinweisen. Im Zeitraum von 2000 bis 2004 war Martin Wiebel Präsident der Jury des Filmfestivals Baden-Baden der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste.

Für seine Filme wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt. Privat engagiert sich der Kulturschaffende seit 2007 als Vorsitzender des Vereins „KulturRaum Zwingli-Kirche“ in Berlin-Friedrichshain. Das Archiv des Autors und Filmschaffenden   befindet sich in den Räumen der „AdK“, Akademie der Künste.

Haus an der Karl-Marx-Allee (Foto: Volker Neef)

Im Jahre 2016 würdigte man Martin Wiebel mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 

Es entspricht also den Tatsachen, wenn behauptet wird: Ein hochkarätiger Autor hat sich mit seinem Geburtsort, in diesem Falle dem Friedrichshain, befasst! 

Der ehemalige Arbeiterbezirk mit einer Fläche von ca. 10 Quadratkilometern erhielt seine Namen nach dem ältesten Volkspark in Berlin. Zur Feier des 100. Jahresfestes der Thronbesteigung von Friedrich dem Großen legte man den Friedrichshain- Volkspark an. Im Zuge zahlreicher Eingemeindungen kam der Arbeiterbezirk nach Groß-Berlin. Üble Sprüche wie „Keiner ist gemeiner als der Friedrichshainer“ machten bald in Neukölln, Charlottenburg und Spandau die Runde. 

Das mit dem „Gemeiner“ kann auch an der Historie gelegen haben. Autor Martin Wiebel spricht auf S. 182/183 das klar an und sagt: „Das Chicago von Berlin“. Er berichtet von dem umtriebigen Pfarrer Friedrich Siegmund-Schultze (1885 bis 1969), „der 1911 die SAG (Soziale Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost) gegründet hatte, hat im Wintersemester 1924/25 mit Theologiestudenten in einem gigantischen Projekt diesen sozialen Brennpunkt und die arme Welt der Animierkneipen um die Frucht- und Madaistraße am Schlesischen Bahnhof herum zu beschreiben versucht. Hier spielen viele Berlin-Romane und -Filme, auch Volker Kutschers Erfolgsbücher, die 2017 die Vorlage für das große Fernsehserien-Projekt „Babylon Berlin“ abgaben“. Nach dem Zweiten Weltkrieg war im Friedrichshain auch die Gladow-Bande angesiedelt. Der 1931 geborene Werner Gladow lebte im Friedrichshain und mordete und raubte im Nachkriegs-Berlin. Bei seiner Verhaftung lieferte sich „Al Capone“, wie Gladow sich selber gerne nannte, mit der Volkspolizei in der Schreinerstraße eine Schießerei. Den Schwerkriminellen verurteilte ein Gericht zum Tode und er wurde 1950 hingerichtet. 

Natürlich hat der Friedrichshain auch andere Dinge anzubieten als nur „Al Capone- Nachfolger“. Die Stalinallee, heute Karl-Marx- Allee, führt vom Frankfurter Tor bis zum Strausberger Platz. Anfang der 1950-er Jahre machte die Bevölkerung zusammen mit Bauarbeitern eine Prachtstraße aus ihr. „Paläste für die Arbeiter“, lautete das Motto der SED. Man wollte mit diesen erlesenen Wohnungen die Überlegenheit des Sozialismus über den Kapitalismus unter Beweis stellen. Viele freiwillige Bauhelfer arbeiteten am Wochenende ehrenamtlich an den Häusern in der Stalinallee. Das man es „freiwillig“ getan hatte, war einem wirtschaftlichen Hintergrund geschuldet! Die SED verloste unter den Bauhelfern regelmäßig Berechtigungsscheine, die den Einzug in eine dieser Palastwohnungen erlaubte. 

Martin Wiebel ist im Grunde kein Autor über den Friedrichshain! Er hat per Buch eine Liebeserklärung an seinen Geburtsort Friedrichshain zu Papier gebracht. Der Verfasser hat nicht den soundsovielten Reiseführer über den mittlerweile so hippen Kiez veröffentlicht. Martin Wiebel hat eine beeindruckende, spannende Familiengeschichte mitgeliefert. Der Anker dieser Familiengeschichte liegt an der Spree, die durch Berlin-Friedrichshain fließt.

Der Autor hat es selber so ausgedrückt: „Steine können sich nicht erinnern, aber wenn man die lebensnahen Gesichter, Namen und deren Geschichten kennt, wird die Geschichte eines Ortes wirklich begreifbar.“ Das wirklich sehr faszinierende Werk „Berlin Upper East Side- Eine Friedrichshain- Biografie“ von Martin Wiebel ist im Sutton Verlag zu Erfurt erschienen. Es kostet im deutschen Buchhandel 29,99 Euro. ISBN: 9783963033520 (Text: Volker Neef/Fotos: Sutton Verlag; Volker Neef)

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Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin