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Alterspräsident Reinhard Frede- Nachgefragt 

Reinhard Frede (Foto: Regine Peter)

Alterspräsident Reinhard Frede- Nachgefragt 

Am 4. November eröffnete der BVV-Verordnete Reinhard Frede (FDP) in seiner Eigenschaft als Alterspräsident die 1. Sitzung in der BVV Tempelhof-Schöneberg. Wir sprachen mit dem Kommunalpolitiker, der zugleich Stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion ist.

(Foto: Volker Neef9 Rathaus Schöneberg

Stimme-Der-Hauptstadt: Wo lag der Schwerpunkt Ihrer Ausführungen?

Reinhard Frede: „Das Datum hatte einen hohen Stellenwert. Der 4. November ist ein historisch bedeutsames Datum: Am 4. November 1989 demonstrierten 500.000 Menschen auf dem Berliner Alexanderplatz. Sie ebneten den Weg zur Deutschen Einheit. Am 4. November 1989 versammelten sich auf dem Ostberliner Alexanderplatz 500.000 Menschen zur größten systemkritischen Demonstration in der DDR – Geschichte. Vor 32 Jahren mussten die Menschen in der ehemaligen DDR für Demokratie und Menschenrechte kämpfen. Die Freunde der Freiheit und der Demokratie haben sich am Ende durchgesetzt“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Sie sprachen die Geschichte, das Jahr 1989, an. Können Sie sich noch gut an das Jahr 1979 erinnern?

Reinhard Frede (lächelnd): „Natürlich kann ich mich an das Jahr 1979 erinnern, sehr gut sogar. Ich weiß ja, was Sie meinen. Schönen Dank dafür, dass Sie mich daran erinnert haben, dass ich heute ein Großvater bin. Aber seien Sie gewiss, ich meine das ja nicht als Vorwurf! Wir beide kennen uns ja nicht erst seit gestern und ich habe kein Problem mit meiner Vita! 1979 wurde ich zum ersten Mal in die BVV – Schöneberg gewählt. Ich war Mitglied der Alternativen Liste – heute Bündnis 90 / Die Grünen. Damals war ich der jüngste Bezirksverordnete. Ich habe die Namen der gewählten Kollegen öffentlich vorgelesen. 1981 war die Wahlperiode bereits nach 2 Jahren vorüber, weil der Senat wegen einer fälligen Bürgschaft zurücktreten musste. Der Bauunternehmer Dietrich Garski hatte eine Senatsbürgschaft in Höhe von 100 Mio. DM im saudi-arabischen Wüstensand versenkt. 1989 wurde ich noch einmal auf dem Ticket der Alternativen Liste gewählt. 1990 trat ich aus der Partei aus und gab mein Mandat zurück. Ich hatte u. a. mit der Wirtschaftspolitik der Grünen gefremdelt, insbesondere, nachdem ich mein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen hatte“. 

Stimme-Der-Hauptstadt: Siestellen ja unter Beweis, Sie leben für die Kommunalpolitik. Nur: Leben kann man von der kleinen Aufwandsentschädigung keineswegs.

Reinhard Frede: „Die Kommunalpolitik hat mich immer fasziniert – sei es als Zeitungsredakteur oder als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker. Man trifft dort auf interessante Menschen, die ganz ähnliche Interessen haben oder in völlig anderen Berufen arbeiten. Daraus entwickeln sich dann und wann auch echte Freundschaften. Die Tätigkeit erweitert auch den eigenen Horizont: Aus der Fülle von Themen habe ich selber viel gelernt: Es gibt dort die Stadtentwicklung, Bildung, Schule, Kultur, Wirtschaft, Finanzen, Soziales, Gesundheit und Verkehrsplanung. Alles passiert im Kiez, sozusagen vor der eigenen Nase. Das reicht locker für 20 Wochenstunden, wenn man sich engagiert und seine Aufgabe ernstnimmt. Diese Tatsache bedeutet eine große Verpflichtung und Verantwortung für jeden einzelnen Bezirksverordneten. 

Foto: Volker Neef

In Deutschland gibt es zirka 8 Millionen ehrenamtlich engagierte Menschen. Das sind immerhin 10 Prozent der gesamten Bevölkerung. Ein großer Teil engagiert sich in Sportvereinen. Menschen machen dort beispielsweise als Übungsleiter Erfahrungen in Selbstwirksamkeit.

Selbstwirksamkeit ist die unmittelbare Erfahrung des eigenen Handelns außerhalb der Arbeitswelt. Selbst Eckart von Hirschhausen behauptet, dass ehrenamtlich tätige Menschen im Durchschnitt 7 Jahre länger leben als diejenigen, die ausschließlich ihren eigenen Vorteil und Eigennutz im Blick haben. Das BVV-Mandat ist nun einmal auch ein Ehrenamt, wo nur eine kleine Aufwandsentschädigung gewährt wird. Das senkt aber nicht den Willen der BVV-Mitglieder, sich zu engagieren. Es ist die Verbundenheit zum Bezirk, zum Kiez, die uns BVV-Mitglieder dieses würdevolle Ehrenamt bekleiden lässt. Es ist eine große Ehre und ebenso eine große Verpflichtung. Wir Verordneten haben für die Öffentlichkeit eine Vorbildfunktion – genauso wie die Abgeordneten im Deutschen Bundestag oder im Abgeordnetenhaus von Berlin. Hier ist der Ort, wo die verbale Auseinandersetzung über wichtige Themen möglich und erwünscht ist. Die Auseinandersetzung muss nach den Regeln des gegenseitigen Respekts, der Verfassung, der deutschen Gesetze, hier beispielsweise dem Bezirksverwaltungsgesetz und der Geschäftsordnung der BVV stattfinden. Das stärkt mitunter das Miteinander und den gemeinsamen Austausch auf Augenhöhe“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Was sollte ein BVV-Mitglied Ihrer Meinung nach stets beachten?

Reinhard Frede: „Wir sollten bei unserem Denken und Handeln das Wohl aller Bürger und Bürgerinnen im Blick haben – und natürlich nicht nur das Wohl derer, von denen wir glauben, dass sie uns gewählt haben.

Auf diese Art stärken wir das Vertrauen der Menschen in die repräsentative Demokratie. Unsere Aufgabe besteht darin, Verwaltungshandeln anzuregen und kritisch zu hinterfragen. So regelt es auch das Gesetz. Die Mitglieder des Bezirksamtes mögen den Willen der Mehrheit der Bezirksverordneten respektieren und alles für dessen Umsetzung tun.  

Das Bezirksamt ist eben kein politisches Bezirksamt, sondern ein Kollegialorgan und steht füreinander ein. So soll es auch innerhalb der BVV sein. Zwar gibt es Zählgemeinschaften zur Wahl des Bürger-meisters und der Stadträte. Dennoch sind die Fraktionen frei in ihrer Entscheidung, mit welchem Partner sie versuchen, die Mehrheiten für ihre politischen Ziele, für den Bezirk, für die Menschen hier vor Ort, umzusetzen. Und jede Kollegin, jeder Kollege, sollte wissen: Der wichtigste Arbeitsplatz der Bezirksverordneten ist vor Ort, mitten unter der Bevölkerung, in der Kommunikation mit dem Souverän. Nehmen wir uns doch alle für diese Wahlperiode vor, daran zu arbeiten, dass die politischen Repräsentanten das Vertrauen der Menschen im Bezirk gewinnen. Unser parlamentarisch – demokratisches Gesellschaftssystem ist ein so wertvolles Gut, dass wir nicht zulassen dürfen, dass es durch Desinteresse, Nachlässigkeit und Missbrauch zerstört wird. Das ehrenamtliche Engagement in der Kommunalpolitik sollte jedem BVV-Mitglied auch immer noch Spaß und Freude bereiten“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Vielen Dank für das Gespräch.(Text: Volker Neef/Foto: Volker Neef; Regine Peter)

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Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin