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Was ist los mit der deutschen Automobilindustrie?

Ewald König (li.) und Richard Gaul (Foto: Volker Neef)

Der Journalist Ewald König konnte am 17.September im „korrespondenten.cafe“ in Berlin-Mitte Richard Gaul begrüßen.

Vor zahlreichen Medienvertretern teilte Richard Gaul seine Einschätzung zur deutschen Automobilindustrie mit. Sie sorgt dafür, dass fast 0,75 Millionen Arbeitnehmer hierzulande dort beschäftigt sind. Damit sind Autoproduzenten und Zulieferer gemeint.

Richard Gaul war lange im Automobilsektor tätig. Der studierte Volkswirt begann seine Laufbahn als Wirtschaftsjournalist. Dann wechselte er zu BMW und war lange als Leiter der globalen Kommunikation des Autobauers mit Sitz in München tätig. Ebenso war er als Berater für VW und andere Autobauer tätig. Man kann Richard Gaul als Top-Insider der deutschen Automobilindustrie bezeichnen, der bestens vernetzt in der Wirtschaft ist.

Man kommt nicht umhin, festzustellen, die wirtschaftliche Stimmung hierzulande befindet sich im Sturzflug: Die Schreckensmeldungen aus der Automobilindustrie, das Dilemma mit den E-Autos, die Lage der deutschen Wirtschaft und deren Probleme mit der Bundesregierung sprach der Gast im „korrespondenten.cafe“ schonungslos an.

Zum Glück, so Richard Gaul, erwirtschaften die deutschen Autobauer immer noch Gewinne. Man dürfe aber sich davon nicht in die „Irre führen lassen. Der Wind des Wettbewerbs weht stärker“. Es müsse doch jeden Bürger in Deutschland nachdenklich machen, wenn der weltweit bekannte deutsche Kettensägen-Produzent STIHL ein Werk in der Schweiz demnächst eröffne. „Die Schweiz ist uns ja nun wirklich nicht als Niedriglohnland bekannt“. Ein großer Vorteil ist, man kennt dort im Gegensatz zu Deutschland nicht eine überfrachtete Bürokratie und Überregulierung.

Was selbst Verantwortliche aus der Politik nicht oder nur selten wissen: Ein Auto zu planen kostet 2 Mrd. Euro. Forschung und Entwicklung ist in Deutschland reichlich vorhanden, die technischen Universitäten und Fachhochschulen genießen in aller Welt einen guten Ruf.

Wenn nun ein Autokonzern, egal ob er in Wolfsburg, Stuttgart, Köln, Rüsselsheim oder München beheimatet ist, heute ein neues Modell plant und dann weltweit verkaufen möchte, muss man mit diesen 2 Mrd. Euro planen. Die Planungsphase beträgt ca. 3 Jahre, dann muss das Auto danach 7 Jahre noch attraktiv für potentielle Autokäufer sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Autokäufer in Bonn, Nairobi oder Chicago wohnt.

Die deutschen Autoproduzenten haben unterschiedliche Strukturen. So hat VW den legendären Käfer jahrelang in allen Werken gebaut. Aus jedem VW-Werk in Deutschland kam immer nur der Käfer jahrelang heraus. Bei BMW ist zu beobachten, dass der Konzern auf einem Band verschiedene Typen produziert.

VW-Käfer als Polizeifahrzeug (Foto: Frank Pfuhl)

Richard Gaul wies auch daraufhin: „In Japan gehören die Zuliefererbetriebe sehr oft den Autobauern. In Deutschland sind es Firmen, die nicht im Besitz der Autoproduzenten sind“.

Er führte auch aus, dass ehemalige deutsche Autobauer wie NSU, Glas oder Borgward heute gar keine Chancen auf dem Weltmarkt mehr hätten. Das liegt daran, ein Autobauer muss die ganze Welt bedienen können mit seinen Produkten. Diese Struktur hatten die kleinen deutschen Autobauerbetriebe gar nicht. China steht dafür als Beispiel. Man findet dort ca. 100 Automobilwerke vor. Einige dieser Autobauer sind Garagenbetriebe. Sie bauen nur wenige Fahrzeuge pro Jahr für das Umland und sind außerhalb der Fabrikregion völlig unbekannt. Schon in wenigen Jahren werde man erleben, dass sich zahlreiche chinesische Autobauer vom Markt verabschiedet haben oder viele Unternehmen haben sich unter einem Konzerndach zusammengefunden.

Das beweise schon die Automobilgeschichte. Das US-Unternehmen GM, General Motors, hat diesen Zusammenschluss im Firmennamen. Damals hatten sich in den USA mehrere kleine und mittlere Unternehmen zu GM vereinigt.

Ewald König kam nicht umhin, den Automobilfachmann Rudolf Gaul zu bitten, einmal einen Blick in den Terminkalender zu werfen. Das „korrespondenten.cafe“ in Berlin-Mitte möchte den Experten demnächst wieder als Referenten begrüßen können.

Text: Volker Neef

Fotos: Volker Neef; Frank Pfuhl

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