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9. Mai 2025Thomas Seerig: „Behinderung darf kein Todesurteil sein“

KZ Sachsenhausen (Foto: Frank Pfuhl)
Thomas Seerig (65) gehört dem Landesvorstand der „Landesvereinigung (LV) Selbsthilfe“ an. Seine Tätigkeit versieht er dort ehrenamtlich.
Die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e.V. (LV Selbsthilfe Berlin) ist der Dachverband der Berliner Selbsthilfeorganisationen. Aktuell sind dort fast 70 Organisationen zusammengeschlossen. Es sind ca. 64.000 Mitbürger in der „Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e.V.“ organisiert. Dabei handelt es sich um Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten sowie deren Eltern, Angehörige und Freunde.

Thomas Seerig ist auch Vorsitzender der FDP in Steglitz. Von 1990 bis 1995 und dann nochmals von 2016 bis 2021 gehörte der Liberale dem Berliner Abgeordnetenhaus an. Wir sprachen mit ihm.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Der 8. Mai 1945, der Tag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa, was bedeutete dies für Menschen mit Handicap?
Thomas Seerig: „Am 08. Mai 1945 endete in Europa der Zweite Weltkrieg. Damit endeten nicht nur fast sechs Jahre Krieg, sondern auch über zwölf Jahre Unterdrückung und Mord in Deutschland.
Zu den Opfern der Ideologie der Nationalsozialisten gehörten viele Gruppen der Gesellschaft, die deren Weltbild widersprachen: Juden, Kommunisten, Zeugen Jehovas, Schwule und Menschen mit Behinderung. Zumindest für die Überlebenden dieser gezielten Vernichtung war der 08. Mai 1945 ein Tag der Befreiung. Für andere im Land war es angesichts von Zerstörung, Hunger und Weltkriegstoten erst einmal vor allem Kapitulation.

Erinnerungstafel im KZ Sachsenhausen für die ermordeten Zeugen Jehovas (Foto: Volker Neef)
Der Tag der Befreiung wurde es im gesellschaftlichen Bewusstsein der Bundesrepublik erst mit der Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985, also erst nach 40 Jahren Kriegsende.
Wir sind inzwischen weitere 40 Jahre weiter und die Bewertung der Zeit von 1933 bis 1945 ist längst gesellschaftlicher Konsens; ebenso das Ende.

Dieser Konsens, dass es kein „unlebenswertes Leben“ gibt und dass Behinderung kein Todesurteil sein darf, gilt es zu bewahren. Denn abseits vom Streit der Parteien im Alltag sollte die Gültigkeit der Menschenrechte und der Schutz der Menschenwürde von keiner Seite bezweifelt werden.
Gerade am Tag der Befreiung, aber eben nicht nur dann, sondern jeden Tag von neuem“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Vielen Dank für das Gespräch.
Text: Volker Neef
Fotos: Volker Neef; Frank Pfuhl