Viadrina an der Oder
15. März 2023
Dino im Anflug
16. März 2023
alle anzeigen

Sebastian Maack befürchtet Rückkehr des Flohmarkt-Chaos 

Sebastian Maack (Foto: Frank Pfuhl)

Sebastian Maack befürchtet Rückkehr des Flohmarkt-Chaos 

Sebastian Maack (AfD) war von 2016 bis 2021 im Amt als Bezirksstadtrat für die Abteilung Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten in Reinickendorf. Seit 2021 gehört er der BVV an. Kürzlich trat er in der AfD-Fraktion Reinickendorf das Amt des Fraktionsvorsitzenden an. Wir sprachen mit ihm über den Flohmarkt an der nördlichen Markstraße in den Berliner Bezirken Reinickendorf und Mitte.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Stehen Flohmärkte nicht für Charme, für günstiges einkaufen bzw. verkaufen von allerlei Dingen, die man mehr oder weniger braucht?

Sebastian Maack: „So Unrecht haben Sie ja gar nicht! Denkt man an Flohmärkte, verbindet man damit meist positive und romantischte Assoziationen: Durch Paris oder andere ferne Städte schlendern, alte Sache begutachten und die früheren Epochen wieder zum Leben erwecken. Man gräbt verborgene Schätze aus und kann sie für kleines Geld mit nach Hause nehmen. Was um alles in der Welt sollte man also gegen einen Flohmarkt haben?“

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Sie sprechen natürlich einen ganz bestimmten Flohmarkt in Berlin an, wo es nicht so chic und charmant sowie elegant zugeht wie auf dem Flohmarkt am Montmartre? 

Sebastian Maack: „Ja, dem ist so! Es geht konkret um den Flohmarkt an der nördlichen Markstraße in den Berliner Bezirken Reinickendorf und Mitte. Die Antworten der dortigen Anwohner bezüglich des Flohmarktes an der nördlichen Markstraße lauten sofort: Fäkalien, Müll, Verkehrschaos, illegaler Handel und allgemeine Verwahrlosung“. 

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Bitte teilen Sie uns mit, seit wann diese Zustände vorherrschen. 

Sebastian Maack: „Gerne gehe ich darauf im Detail ein. Sozusagen eins nach dem anderen: Bis ins Jahr 2021 existierten in der Markstraße auf einer Länge von ca. zweihundert Metern mehr als fünfzehn Jahre lang insgesamt drei Trödelmärkte. Zwei davon lagen in Reinickendorf und einer in Mitte. Der Charakter dieser Märkte hatte sich allerdings im Laufe der Jahre massiv zum Schlechten verändert. Statt gut erhaltener Bücher, Bilder vergangener Jahrhunderte oder Geschirr aus der Zeit des Biedermeier, wurden vor allem Sachen angeboten, die jemand zuvor vermutlich als wertlos entsorgt hatte. Genauso sahen diese Sachen auch aus. Hinzu kamen Neuwaren, deren Verkauf am Sonntag verboten ist, und Hehlerware, die auch mehr oder weniger gut als solches identifiziert werden konnte. Das Schlimmste spielte sich aber außerhalb der Flohmärkte ab. Besucher und Händler parkten Straßenecken, Haltverbote und Bushaltestellen zu, urinierten in Hauseingänge und verschmutzen Innenhöfe mit Fäkalien. Ab 4:00 Uhr konnten die Anwohner nicht mehr bei offenem Fenster schlafen, da der Aufbau der Flohmärte und die teilweise bereits nachts angereisten Händler eine enorme Geräuschkulisse erzeugten. Später, ab ca. 2020, reduzierte sich dann zwar etwas das Verkehrschaos, da ein Flohmarkt von einem Supermarktparkplatz auf eine Brache auswich. Dafür kamen aber nun außerhalb der Flohmärkte illegale Straßenhändler dazu, die in Supermärkten erbeutetes Diebesgut feilboten. Der Kiez, der zuvor schon durch diverse andere Probleme belastet war, verlor erheblich an Lebensqualität. Es setzte sich eine Abwärtsspirale in Gang. Als ich Ende 2016 für die AfD in Reinickendorf zum Stadtrat für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten ernannt wurde, war ich mit dem Thema bereits mehrfach konfrontiert worden. Nach einer ersten Sichtung der im Bezirk vorherrschenden Probleme, entscheid ich mich bereits nach wenigen Monaten, in der Markstraße einen Schwerpunkt der Arbeit des Ordnungsamtes zu setzen. Es war für alle ein Lernprozess. Das Ordnungsamt, welches bis dahin vor allem Knöllchen verteilen sollte, musste neue Einsatzkonzepte umsetzen. Aber wir wurden immer besser. Irgendwann zogen wir die Polizei hinzu, um auch gegen Hehler vorgehen zu können. Wann immer möglich, wurden die wöchentlichen Einsätze des Ordnungsamtes als Verbundeinsätze mit der Polizei durchgeführt. Einige Mal konnte auch das Ordnungsamt Mitte einbezogen werden. Parallel wurde ein Verfahren gegen die Betreiber angestrebt wegen anlagebedingter Störung der öffentlichen Ordnung. Ich führte Gespräche mit den Vermietern der Flächen und half verärgerten Anwohnern, die eine Bürgerinitiative bildeten. Unterstützt wurde das auch durch die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und den Wahlkreisabgeordneten Burkard Dregger (CDU). Kritisiert wurden die Einsätze hingegen von der SPD-Fraktion. Sie mahnte z. B einmal an, das Engagement zurückzufahren und dafür mehr Verkehrsverstöße im Villen-Ortsteil Frohnau durchzuführen, einem Teil von Reinickendorf, der mit Fug und Recht als „heile Welt“ bezeichnet werden kann. Nach ungefähr 150 Einsätzen des Ordnungsamtes, einer akribischen Dokumentation der Probleme im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gegen die Betreiber und einem zunehmenden Protest der Anwohner, kam dann der Wendepunkt: Im Frühjahr 2021 schloss auch der letzte Flohmarkt. Für die Anwohner kehrte am Wochenende der Frieden zurück. Es war ein wichtiger Erfolg, in der Bestrebung, den Kiez zu stabilisieren und die Lebensqualität zu verbessern“.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Wie sieht es aktuell dort aus? Besteht der Frieden für die Anwohner weiterhin?

Sebastian Maack: „Fast zwei Jahre herrschte Ruhe, bis vor ca. vier Wochen dann die Meldung kam, dass einer der Flohmärte wieder eröffnen wird. Ich denke, man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass damit auch die Probleme zurückkehren werden. Vielleicht noch nicht gleich am ersten Tag, dem 19.03.23, aber vermutlich im Laufe der Zeit. Ich hoffe, dass meine Nachfolgerin als Ordnungsstadtrat die Probleme der Bürger genauso ernst nimmt und mit der gleichen Durchsetzungskraft vorgeht. Als inzwischen Vorsitzender der AfD-Fraktion Reinickendorf werde ich meinen Teil dazu beitragen, dass die Bürger in Reinickendorf-Ost nicht auf Frieden, Ruhe und Sauberkeit verzichten müssen. Die AfD wird weiterhin an der Seite derer sein, die sich einen liebens- und lebenswerten Kiez wünschen“.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Vielen Dank für das Gespräch.

Text: Volker Neef

Foto: Frank Pfuhl

Print Friendly, PDF & Email
Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin