Reinhard Bütikofer zu Gast im „korrespondenten.cafe“
Der Journalist Ewald König lud am 7. Juni seine Kolleginnen und Kollegen ins „korrespondenten.cafe“ in Berlin-Mitte ein. Man begrüßte Reinhard Bütikofer (71).
Der gebürtige Mannheimer war von 2002 bis 2008 einer der beiden Bundesvorsitzenden der Grünen. Am 7. Juni hätte man Reinhard Bütikofer noch mit „Herr Abgeordneter“ anreden können. Seit 2009 gehörte er dem EU-Parlament an. Zur Wahl am 9. Juni 2024 trat der Grüne nicht mehr an und somit steht ihm ab 10. Juni diese Anrede nicht mehr zu. Das sind aber nur Hinweise zur Anrede, Bütikofer ist nicht als eitel bekannt und legte noch nie auf solche Floskeln wie „Herr Abgeordneter“ wert.
Mit einem Vorurteil wollte er aufhören, wie er gleich am Anfang seiner Ausführungen den zahlreichen Medienvertretern mitgeteilt hatte. „Man kann durchaus rechts sein, das ist legitim. Das gilt natürlich nur für wertkonservative Demokraten. Wenn jemand unter „rechts“ eine Partei mit rassistischer Auslegung impliziert, dann ist diese Partei nicht mehr legitim. Man muss differenzieren“.
Er wies auch darauf hin, beim Staatenbündnis BRICS komme es „immer mehr zu einer Verwandlung. Man schmiedet ein Bündnis gegen die EU“.
Ebenso sprach er die Abhängigkeit der EU von China an. „Diese Abhängigkeit gilt besonders für Seltene Erden“. Dabei gebe es schon lange Lösungen, nur kaum jemand ergreife sie. „Seltene Erden finden wir auch in Ländern wie Namibia, Sierra Leone und Malaysia vor. Da könnten wir Europäer beim Aufbau von Infrastruktur helfen und von dort unsere Seltenen Erden beziehen“. Der Westen, also die EU-Länder und die USA sowie Großbritannien, müssten „sich ehrlich gegenüber der 3. Welt verhalten. Das steigert dort die Akzeptanz des Westens“. Als Beispiel nannte der Politiker die durch Europa und von USA sowie Großbritannien verursachten Klimaschäden. „China weigert sich, seine Klimaschäden in der 3. Welt zu bezahlen. Das registriert man in den Ländern der 3. Welt. Großbritannien hat seit der Industrialisierung, also vor gut 260 Jahren, längst nicht so sehr die Umwelt verpestet wie China in den letzten 40 Jahren allein. Politik muss auch immer die Geopolitik im Auge behalten. Jetzt ist der gesamte Westen bereit, für Klimaschäden zu haften, nur China weigert sich, seinen finanziellen Beitrag zu leisten“.
Ein konkretes Beispiel in Sachen Abhängigkeit von China nannte er in Bezug „auf die Vitaminindustrie. Für die Tierzucht sind Produkte der Vitaminindustrie von allergrößter Wichtigkeit. 75 Prozent des Weltmarktes auf diesem Sektor befinden sich in chinesischer Hand, die restlichen 25 Prozent in europäischer Hand. Wir erleben jetzt eine Dumpingphase. China verkauft seine Vitaminpräparate zu Dumpingpreisen. Natürlich will man damit die europäischen Hersteller in die Knie zwingen. Da müssen wir gegensteuern“. Reinhard Bütikofer forderte: „Wir brauchen in Europa eine Zusammenarbeitsstrategie!“
Im „korrespondenten.cafe“ in Berlin-Mitte erlebten die Journalisten einen glühenden Verfechter für Europa. Altersbedingt zieht sich Reinhard Bütikofer aus dem Parlamentsbetrieb in Straßburg und Brüssel zurück.
Seine Stimme zu aktuellen Ereignissen wird er aber immer noch erheben. So soll es auch sein! Auf seinen Erfahrungsschatz aus 15 Jahren EU-Parlamentszugehörigkeit und 6 Jahren als einer von zwei Bundesvorsitzenden einer Partei sollte man unbedingt zurückgreifen.
Text/Foto: Volker Neef