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Menschen mit Spuren und ihre Wege durch die Krise. Folge 14: Alfred Worsch 

Alfred Worsch, Foto: Joachim Skambraks

Menschen mit Spuren und ihre Wege durch die Krise. Folge 14: Alfred Worsch 

Gespräch mit Alfred Worsch, früher Herstellungsleiter in einem Verlag, Buchdesigner von teilweise millionenfach verkauften Büchern. Später wurde er Geschäftsführer einer Druckerei und gleichzeitig ist der Weinliebhaber und Lebenskünstler. 

MMS: Wie hinterlässt du aus deiner Sicht Spuren? 

Alfred Worsch: Ich denke, dass ich in meinem Leben sehr viele Spuren hinterlassen habe, manchmal auch tiefe Bremsspuren. Aber ich denke, die positiven sind auf alle Fälle in der Mehrzahl. Das ist auch das, was ich täglich versuche und auch mache, positive Spuren zu hinterlassen. Konkret natürlich, erst einmal für mich selber. Es ist mein Leben, das ich gestalte, die Betonung auf Gestalten. Was dazu gehört ist mein Umfeld, meine Freunde, Menschen und Familie, die mich die letzten Jahrzehnte begleitet haben. Es gibt so viele Erlebnisse mit diesen Menschen, die mich manchmal sprachlos machen. Wie jetzt gerade. Weil mir viele Dinge durch den Kopf gehen. Und die gehören alle fest dazu. Ganz wichtig ist für mich, dieses Positive zu erzeugen. Ich schaue darauf, dass es mir gut geht. Mir geht es gut, wenn es den Menschen um mich herum gut geht. Ich bin jetzt kein Samariter, aber ich versuche mit meinen Mitteln, mit meinen Gedanken, mit meinem Humor und mit meinem Engagement in dieser kleinen Welt um mich herum, Positives zu erzeugen. Ich blende Negatives aus. Das ist eine meiner Eigenschaften, die ich mir antrainiert habe. Überhaupt alles, was negativ war, relativ schnell wieder verschwinden zu lassen. Ich richte den Blick nach vorne und schaue, was gibt es an Kleinigkeiten oder auch großen Dingen, Gutes zu tun. 

MMS: Was haben Pandemie und Lockdown mit dir privat oder geschäftlich gemacht? 

Alfred Worsch: Die Krise hat mich nicht besonders getroffen. Ich bin Gott sei Dank in der Lage, dass ich mich vor zwei bis drei Jahren aus meinem Berufsleben langsam ausklinken konnte. Ich bin noch in Teilzeit dabei. Als Geschäftsführer einer Druckerei habe ich einen Nachfolger gefunden. Wir haben ein paar Firmen zusammen gewürfelt, die jetzt wieder aktiv auf dem Markt sind. Es war mir ganz wichtig, mich nicht einfach zu verabschieden, sondern dort für Fortsetzung zu sorgen. Ich bin inzwischen Rentner, Lebenskünstler und vollkommen unabhängig. Finanziell habe ich in der Krise keine Nachteile erlitten. Wie viele andere habe ich auch die neue Zeit genutzt, neue Dinge anzugehen oder andere Dinge, die den letzten Jahren zurückstehen mussten, wieder neu zu beleben. 

Alfred Worsch, Foto: Joachim Skambraks 

MMS: Stillstand und Lockdown haben für viele Menschen auch eine Auszeit bedeutet. Gleichzeitig kann man mit anderen Denkweisen oder Methoden besser durch so eine Krise kommen. Was hast du angewendet? 

Alfred Worsch: Einfach die Zeit genutzt und spazieren gegangen. Ich habe Hobbys und Sport wieder aufleben lassen oder intensivieren. Kontakte sind bei mir gar nicht so stark abgerissen. Wie vorhin schon erwähnt, die negativen Dinge konsequent auszublenden. Das ist eine Methode, wo ich mir verschiedene kleinere Methoden angeeignet habe. Gleichzeitig aber, natürlich sofort immer zu sehen, was es an positiven Möglichkeiten gibt. Immer den Blick nach Vorne. Ein ganz wichtiger Punkt ist für mich dabei meine Lebenszeit und die Lebenszeit mit meiner Frau zusammen. Wir sind beide auf dem gleichen Weg, um alles mögliche zu tun, viel gemeinsame Zeit zu verbringen und mit der Zeit etwas anzufangen. Das sind positive Dinge mit unseren Freunden. Jetzt in der Winterzeit hatten wir überwiegend das Thema, alleine Zeit zu verbringen was. Was nicht immer ganz einfach ist und da sind neue Ideen entstanden.

Wir pflegen Hobbys inzwischen mehr zusammen, wie die Kochleidenschaft zusammen, unsere Genießerleidenschaft mit Wein, mit Kultur. Das haben wir alles nach vorne gebracht. Ich bin eigentlich ausgebildeter Techniker, zwar auch Kaufmann, aber ich bin Handwerker. Ich arbeite gern mit Holz und bin Sportler. In diesem Jahr habe ich zwei Dinge wirklich ganz leidenschaftlich und mit viel Freude gemacht. Ich habe eine uralte Werkbank sehr aufwändig restauriert. Von meinem Bruder war ein altes Rennrad 30 Jahre im Keller verschollen. Das habe ich sozusagen wieder ausgegraben fast aus einem Müllhaufen und habe jetzt aufwändig restauriert. Jetzt schaut es aus wie neu. Mit dem Rad fahre ich die Werkbank wird auch benutzt. Sie steht hier in meiner Wohnung hat einen festen Platz und eine Aufgabe. Das sind zwei ganz ganz wunderbare Sachen. 

MMS: Kultur, Kunst, Theater, Literatur oder Musik auch damit beschäftigt sich mein Projekt „Menschen mit Spuren“. Was aus diesem Bereich hat dir geholfen, ein bisschen besser durchzukommen?

Alfred Worsch: Eine simple Geschichte ist: Ich habe meine Musik-Bibliothek wieder neu organisiert und mehr Zeit damit verbracht rein zu hören und etwas zu entdecken, was geschlummert hat. Eine meiner Lieblings-Playlists ist Tennessee Whiskey. Ganz oben steht Ringlstetter und auch andere Lieder höre ich liebend gerne. Das geht unter die Haut, das ist unglaublich. Ich kann es gar nicht ausdrücken. Da gibt es ähnliche Dinge, die mit Musik verbunden sind, die mich sehr beschäftigen. Das habe ich jetzt auch in dieser Zeit genutzt. Ansonsten ist es mir trotzdem gelungen, in der Zeit, wo viele Veranstaltungen eben nicht stattgefunden haben, einige Auftritte von Künstlern zu erleben. Einer meiner Lieblingskünstler, Gerhard Polt, hat im Sommer vor meiner Haustür in Fürstenfeld gespielt. Das war ein geniales Erlebnis. 

MMS: Auszeit und Lockdown kann auch bedeuten, Zeit und Inspiration zu haben, etwas Neues zu schaffen. Welche Innovation oder Transformation gibt es bei dir? 

Alfred Worsch: Ich habe einen Freund, das heißt, ich habe mehrere ganz enge Freunde. Es sind zwei oder drei, aber die sind ganz wichtig. Einer sitzt jetzt gerade vor mir. Da berührt mich jetzt folgendes: Er hat einen Sohn, der inzwischen 15 ist. Sogar mit dem Sohn pflege ich inzwischen fast schon eine Freundschaft. Wenn ich etwas erzähle, der kann lachen über mich, was mir ganz wichtig ist. Ich bin jemand der gerne lacht und da versteht mich als Bayer ein 15-jähriger Franke. Er kann über meine Witze oder meine Aussagen extrem lachen. Wir haben jetzt auch ein gemeinsames Hobby, nämlich den Radsport. Ich habe dem 15-jährigen Ron, so heisst er, voriges Jahr ein restauriertes Rennrad, das von meinem Vater stammt, geschenkt. Ich habe es auf seine Größe angepasst und seitdem fahren wir zusammen Rennrad und Mountainbike. Jetzt sind wir so weit, das wir gemeinsam eine ganz wichtige Tour im nächsten Jahr planen. Ich hoffe das gelingt uns. Das ist etwas, was mich auch sehr berührt. Ich bin ja nicht mehr der Jüngste, und dass ich jetzt mit der Familie und dem Sohn vielleicht noch so ein Erlebnis haben kann. Das wird hoffentlich ein ganz eindrucksvolles Erlebnis. Da freue ich drauf. 

MMS: Alfred, ich danke dir sehr für das Interview und für deine Offenheit. In jedem Interview gibt es neue berührende Geschichten. 

Text und Interview: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt.Berlin, Redaktion München 

Hier finden Sie den Link zum Interview auf Video: 

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin