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„Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung“-Filmpremiere 

Regisseur Sergei Loznitsa (Foto: Ralf Flucke)

„Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung“-Filmpremiere 

Am 15. März fand in Berlin-Charlottenburg eine Filmpremiere statt.

Der Film „Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung“ des gebürtigen weißrussischen Regisseurs Sergei Loznitsa, Jahrgang 1964, feierte seine Deutschlandpremiere.

Als Gäste zum Film waren der Regisseur Sergei Loznitsa sowie Produzent Gunnar Dedio und das Produktionsteam bei der Deutschlandpremiere zugegen.

Nach einem Mathematikstudium und Arbeit als Ingenieur in Kiew absolvierte Loznitsa eine Regieausbildung in Moskau. Seine Neigung gehört dem Dokumentarfilm – mehr als 20 mittlerweile hat er produziert. Sie beschäftigten sich vorwiegend mit der Geschichte der Sowjetunion und dem Leben der Menschen in jenen gefährlichen und lebensbedrohlichen Zeiten. Zudem führte Loznitsa Regie in fünf Spielfilmen.

Sergei Loznitsa (li.) und Gunnar Dedio (Foto: Ralf Flucke)

Montiert aus Filmdokumenten der ersten Hälfte der 1940er Jahre, zeigt der Film „Luftkrieg- Die Naturgeschichte der Zerstörung“ den Schrecken und das Grauen des Luftkriegs sowohl in Deutschland wie in England. Der Film ist mit keinerlei erklärendem oder einordnendem Kommentar versehen; soweit Tondokumente verarbeitet sind, handelt es sich um Reden Churchills und zweier englischer Generäle (die Marschälle Arthur Harris und Bernard Montgomery) sowie Propagandaminister Joseph Goebbels. Der Film ist mit einer sehr düsteren und bedrückenden, von Christiaan Verbeek für den Film geschriebenen Musik unterlegt, Parallelen zur Musik des Films „Koyaanisqatsi“ von Godfrey Reggio aus dem Jahre 1982, der Fortschrittskritik und Naturzerstörung thematisierte, drängen sich auf.

„Luftkrieg- Die Naturgeschichte der Zerstörung“ zeigt die Zerstörung und Vernichtung von Städten, prominent Berlin. In der Schlusssequenz sieht Luftaufnahmen des total zerstörten Dresden und das Leiden der Bevölkerung. Da es sich um Dokumentaraufnahmen aus jener Zeit handelt, ist der Zuschauer unmittelbar in das Geschehen einbezogen. Viele Szenen sind nur schwer erträglich, so beispielsweise, wenn Leichen aus dem Trümmerschutt der Häuser ausgegraben und dann auf dem Bürgersteig aufgereiht werden. Oftmals ist nicht von vornherein klar, ob die jeweilige Sequenz in Deutschland oder in England gefilmt wurde. Das Leiden der Menschen ist das gleiche – egal ob in England oder Deutschland. Ausschnitte aus solchen Archivfilmen hat man bislang allenfalls ein, zwei Minuten lang in Dokumentationen gesehen, hier nehmen sie den größten Teil des Films mit Überlänge (112 Minuten) ein. Dazwischen geschnitten sind startende Bomber, Bombenflugzeuge in der Luft und der Abwurf der Bomben. Wenn man die Luftaufnahmen der zerstörten Städte sieht, ist man an Bertolt Brechts Bildunterschrift einer Luftaufnahme des weithin zerstörten Berlin im Jahre 1945 erinnert: „Berlin, eine Radierung Churchills nach einer Idee Hitlers“.

Literaturwissenschaftler und -kritiker kennen den Satz: „Mit guten Gefühlen macht man schlechte Literatur“. Dieser Film ist kein visueller Essay, der Aufklärung zu einem Thema bieten könnte. Was lernt man also aus diesem Film? Dass der Krieg abscheulich ist? Das wusste man vorher schon. Kein Antikriegsbuch hat je einen Krieg verhindert, kein Antikriegsfilm, und deren gibt es ebenfalls viele, hat je dazu beigetragen, den Krieg zu bannen. Eine Erhellung, warum Staaten immer wieder Kriege führen – Kriege gehören zur Natur des Staats – liefert der Film nicht. So zielt der Film auf die Überwältigung der Gefühle des Zuschauers. Einsichten lassen sich so freilich nicht gewinnen aus diesem Film mit seinen eindrücklichen Bildern.

Text: Gernot Volger

Foto: Ralf Flucke

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Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin