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Ihre ergebenste Fräulein- Berlinale 2024

Tosca Arnold, Annemie Nöh, Marlene Wege (Foto: © Photo Lisc C. Heldmann)

Ihre ergebenste Fräulein- Berlinale 2024

Der 73minütige Film „Ihre ergebenste Fräulein“ feierte seine Weltpremiere im Rahmen der Berlinale 2024. Er lief in der Sparte Forum.

Das nordhessische Dillenburg hat hier neben Catharina Helena Dörrien (1717 bis 1795) die Hauptrolle inne. Die Regisseurin Eva C. Heldmann kam 1951 in Dillenburg zur Welt. Nach dem Germanistikstudium gründete sie mit Freundinnen ein Programmkino auf dem Land. 1984 entstand ihr erstes 16-mm-Drama. Der Titele lautet „Johnny oder das rohe Fleisch“. Während längerer Aufenthalte im südlichen Afrika, den USA, Indien und Berlin entstanden experimentelle dokumentarische Filme. Weitere Filme von ihr sind u. a. der 1994 gedrehte Film „1000 Küsse an Wanda“; „Fremd gehen“ (1999) und „Das schöne Heim“ (2010).

„Ihre ergebenste Fräulein“ ist eine Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm. Filme dieses Genre sind als Essayfilm bekannt. 

In Hildesheim kam 1717 Catharina Helena Dörrien zur Welt. Sie stammte aus gut bürgerlichem Hause. Ihr Vater war Pastor von Beruf. Von der Mama lernte sie Haushaltsführung, Kochen, Nähen und andere Handarbeiten sowie das Klavierspiel. Zum Pfarrhausgarten entwickelte sie schon früh ein lebhaftes botanisches Interesse. 1733 verstarb die Mutter und die sechzehnjährige Catharina Helena übernahm als älteste lebende Tochter die Führung des Pfarrhaushaltes. 1749 zog sie nach Dillenburg. Im Haushalt des Archivars Anton Ulrich von Erath unterrichtete sie als Privatgelehrte. Damals sehr unüblich, dass eine vornehme Dame einer Arbeit nachging. In Dillenburg erschienen die „Dillenburgischen Intelligenz Nachrichten“. Die Zeitung berichtete ausführlich über die Auswirkungen der Forstwirtschaft auf das Klima.  

Dillenburg (Foto: Volker Neef)

Catharina Helena ließen diese Berichte nicht mehr los. Sie zeichnete Pflanzen, kreuzte Pflanzen, sie experimentierte mit Pflanzen. Ihre Arbeiten fanden in ganz Europa Beachtung. Ihr Buch „Verzeichnis der wildwachsenden Gewächse im Fürstentum Oranien-Nassau“ wurde von Fachleuten gelobt. Dillenburg gehörte seinerzeit zum Fürstentum Oranien-Nassau, das Machtzentrum befand sich in Den Haag in den Niederlanden. Die hochangesehene Botanikerin wurde Ehrenmitglied in den botanischen Gesellschaften in Florenz und Berlin. Es ist überliefert, dass zu der Zeit sich gerade einmal 5 bis 7 Damen in ganz Europa mit Gartenbau und Botanik befasst hatten. 

Catharina Helena Dörrien schrieb ihre Beobachtungen der Pflanzen mit einer Schönheit und Eleganz auf, dass es nicht als „Fachchinesisch“ abgestempelt wurde. Selbst das einfache Volk fand Gefallen an den Aussagen der Botanikerin. Man muss ja bedenken, dass zu Lebzeiten von Dörrien es noch keine allgemeine Schulpflicht gegeben hatte und nicht jeder Bürger war des Lesens mächtig. Das Volk hörte also zu, wenn ein Lesekundiger aus den Werken der Botanikerin vorgelesen hatte.

Eva C. Heldmann hat einen feinfühligen Essayfilm geliefert. Dillenburg, Briefe und Bücher aus der Feder von Catharina Helena Dörrien und die Bilder der Pflanzen spielen die Hauptrolle. Ebenso weist die Regisseurin daraufhin, dass vor knapp 300 Jahren hierzulande nicht alle Frauen mit der Rolle der Hausfrau, Mutter und Ehefrau zufrieden waren. Sicherlich gab es weitere taffe Damen zu dieser Zeit. Eva C. Heldmann hat zumindest auf das ruhmreiche Werk einer Botanikerin hingewiesen. Sie und andere Regisseure können sicherlich nach intensiver Recherche über weitere taffe Damen berichten. Das wäre wünschenswert. 

Text: Volker Neef

Fotos: Volker Neef; Lisc C. Heldmann

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