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Helmut Uwer: Der hässlichste Weihnachtsbaum 

Helmut Uwer (Foto: Volker Neef)

Helmut Uwer: Der hässlichste Weihnachtsbaum 

Als Autor und Journalist ist Helmut Uwer tätig. Helmut Uwer erblickte 1953 im Saarland das Licht der Welt. Erfolgreich studierte er Anglistik und Germanistik in Trier sowie Oxford. Im brandenburgischen Blankenfelde ist er seit langem zu Hause. Als Journalisten kennt man ihn u. a. für von ihm verfasste Artikel, die im „Luxemburger Wort“ und die in den „Salzburger Nachrichten“ zu lesen sind.

Beispielsweise stammt das Buch „Das Geheimnis der Dessous- Freche Geschichten“ von ihm. Es ist im „docupoint Verlag“ zu Barleben erschienen. Helmut Uwer hat auch eine Kurzgeschichte verfasst, die sich um einen Weihnachtsbaum dreht. Leider ist der Weihnachtsbaum nicht gerade der schönste Baum im Tannenwald. Lesen Sie bitte selbst, was der Autor Helmut Uwer uns berichten kann: 

„Da stand er nun unter all den Weihnachtsbäumen und wartete darauf, dass ein Papa kam und ihn mit nach Hause nehmen und dann festlich schmücken würde. Denn das hatte man ihm im Wald erzählt. Dass nun bald Männer kommen und ihn absägen und mitnehmen würden für ein großes Fest, das sie Weihnachten nannten.

Ob das Absägen denn nicht wehtun würde, hatte der Weihnachtsbaum ängstlich gefragt. Ja, ein paar Tropfen Harz würden schon fließen, hatten die anderen Weihnachtsbäume geantwortet. Aber das sei nichts im Vergleich zu der Freude, die man den Menschen an diesen Tagen bereite. Und er müsse sich ohnehin keine Sorgen machen. Denn so hässlich, wie er sei, komme er als Weihnachtsbaum ohnehin nicht in Frage.

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Da war der Weihnachtsbaum ganz traurig geworden, hatte seine Äste noch mehr hängen lassen als bisher und war schließlich noch krummer dagestanden. Bis dahin waren die anderen Bäume immer nett zu ihm gewesen. Und nun das. Aber andererseits war es vielleicht gar nicht so schlecht, hässlich zu sein, hatte der Weihnachtsbaum gedacht. Denn dann würden sie ihn nicht absägen. Und das war bekanntlich der Anfang vom Ende. Denn auf den vorübergehenden Schmerz beim Absägen folgte der langsame Tod auf Raten durchs Verdursten. Zwar würde ihm dieses Schicksal erspart bleiben, aber er würde dann mutterseelenallein im Wald stehen.

Doch so weit kam es nicht. Eines Tages waren ein paar Männer gekommen und hatten angefangen, die Weihnachtsbäume abzusägen. Als sie bei ihm angekommen waren, hatte einer gesagt: Mann, ist der aber hässlich. Der ist ja ganz krumm und schief und hat fast keine Äste. Sollen wir den wirklich mitnehmen? Den kauft doch keiner. Klar, hatte sein Kollege geantwortet. Wir werden schließlich nach der Stückzahl bezahlt und nicht nach Schönheit. Kohle ist Kohle. Und so wurde auch der hässliche Weihnachtsbaum abgesägt und landete auf dem Markt der Weihnachtsbäume. Doch was er sich dort anhören musste, machte ihn wütend und traurig zugleich.

– Bah, ist der hässlich, sagte ein dicker Mann mit Brille zu seiner dicken Frau mit Hut. Das ist doch eine Frechheit, dass die so was überhaupt anbieten. Das sollte man gesetzlich verbieten.

– Ist das hier ein Wettbewerb der Hässlichkeit oder was?, meckerte ein anderer Herr mit Glatze.

– Der steht Silvester noch da, denn will doch keiner, maulte ein langer Schwarzhaariger mit großen dunklen Augenbrauen.

Und so verging Tag um Tag. Nach und nach wurden die Weihnachtsbäume verkauft. Und dann war endlich Heiligabend, und es stand nur noch ein Bäumchen auf dem Markt, das hässliche. Es hatte anfangs hinten in der Ecke gestanden. Doch nun stand es mitten auf dem Markt. Es war kein anderes mehr da.

Am Mittag wollte der Verkäufer gerade das Tor schließen und seinen Markt dicht machen,

da kam ein Mann angehastet und rief: Halt. Ich brauche ganz dringend noch einen Weihnachtsbaum. Da haben Sie aber Glück gehabt, antwortete der Verkäufer. Ich wollte gerade zu machen. Groß ist die Auswahl aber nichts mehr. Es ist nur noch einer da.

Na ja, eine Schönheit ist der ja nicht gerade, sagte der Mann. Und darum ist er genau der richtige. Meine Frau und ich haben nämlich beschlossen, den hässlichsten Weihnachtsbaum zu kaufen. Denn auch hässliche Weihnachtsbäume haben ein Recht auf schöne Weihnachten. Und am Abend strahlte der hässliche Weihnachtsbaum genauso so schön wie alle anderen“.

An dieser Stelle bedanken wir uns nochmals beim Autor Helmut Uwer, dass er uns diese wunderbare Kurzgeschichte zur Verfügung gestellt hat.

(Stimme der Hauptstadt Text/Foto: Volker Neef)

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Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin