Serpil Turhan (Foto: Pickpocket Filmproduktion)
Der schöne Tag- Berlinale-Film
Im Rahmen der 72. Berlinale lief in der Sektion „Forum Special“ der deutsche Spielfilm „Der schöne Tag“.
Die Sektion „Forum Special“ bietet nach eigenen Angaben der Berlinale die „Gelegenheit, in die Filmgeschichte abzutauchen“.
Der deutsch-türkische Regisseur Thomas Arslan kam 1962 in Braunschweig zur Welt. Der Sohn eines türkischen Vaters und einer deutschen Mutter drehte 2001 den 74 Minuten langen Spielfilm „Der schöne Tag“. Arslan ist auch Drehbuchautor. Mit Martin Hagemann zusammen hat er den Film produziert. Die dort gesprochenen Sprachen sind deutsch und türkisch. Das es ein älteres Werk ist, bekam der Zuschauer heutzutage schnell mit! Deniz (Serpil Turhan; u. a. bekannt aus „Geschwister“) raucht Zigaretten im Cafe. Damals gab es das Rauchverbot in Gaststätten noch nicht. Deniz lebt als junges Mädchen (21) in einer kleinen Berliner Neubauwohnung. Sie träumt von einer großen, möglichst internationalen, Karriere als Schauspielerin. Ihre Abschlussprüfung hat sie mit Bravour bestanden. Allerdings kam die junge Frau mit türkischen Wurzeln bisher nur zu ganz kurzen Auftritten in Filmen. Als Synchronschauspielerin verdient sie kleine Gagen. Man sieht auch, wie sie bei einem Casting nach dem Vorsprechen zu hören bekommt: „Wir werden uns bei Ihnen melden“. Der 1947 geborene Schauspieler, Dramaturg und Regisseur Hanns Zischler (bekannt u. a. aus „Im Laufe der Zeit“, „David“, „Kalt wie Eis“ und „Domino“) spielt sich im Grunde sehr brillant selber! Zischler spielt einen Filmproduzenten, der eine Hauptdarstellerin für ein großes Filmprojekt sucht und Deniz mit schauspielerischen Aufgaben beim Vorsprechen belegt. Man ahnt, dass der Produzent bei so einer großen Auswahl an Kandidatinnen nicht unbedingt Deniz anrufen und zur Hauptrolle beglückwünschen wird. Deniz wird als sehr zielstrebige Frau uns präsentiert. Sie arbeitet hart, kein Casting lässt sie sich entgehen. Ganz im Gegensatz dazu steht ihr Freund Jan (Florian Stetter; u. a. bekannt aus dem Filmdrama „L´Amour“). Mit ihm ist sie seit knapp zwei Jahren befreundet. Jan hat bereits zwei Studiengänge abgebrochen und ist nun kurz davor, auch das dritte begonnene Studium „zu schmeißen. Es bringt mir nichts“. Jan und Deniz leben jeder in der eigenen Wohnung. Die Schauspielerin hatte ihren Freund gebeten, zu ihr zu ziehen. Der hatte aber das Angebot schon vor Monaten abgelehnt. Deniz Mutter (Hafize Üner) lebt in einer großen Berliner Altbauwohnung und ist seit kurzem Witwe. Ihre älteste Tochter Leyla (Selda Kaya, sie ist auch die Komponistin der Filmmusik) wohnt in Hamburg und ist eine erfolgreiche Architektin. Die Mutter fühlt sich einsam und alleingelassen nach dem Tod des Mannes und dem Auszug der beiden Töchter. Sie bittet Deniz bei einem der seltenen Besuche an „diesem schönen Tag“ nachmittags, doch wieder in die große Altbauwohnung zu ziehen. Ihre jüngste Tochter lehnt das ab. Sie fürchtet um ihre Freiheiten, die sie aufgeben müsste, wenn sie ihre eigene Wohnung aufgeben würde. Die Mutter wird nur besucht, um dort die Waschmaschine zu benutzen und die gute türkische Küche zu genießen. Die Mutter beklagt auch, dass die in glücklicher Partnerschaft lebende Leyla sie kaum besucht und der Schwerpunkt der Kontakte besteht nur aus Telefongesprächen. Die junge Künstlerin hat aber momentan für Mutters Sorgen und Nöte kaum Zeit, zu viel ist sie mit sich selber beschäftigt. Sie hat sich heute, an „diesem schönen Tag“, morgens von Jan getrennt. Er wird ihrem Anspruchsdenken nach Karriere nicht gerecht. Ihrer Schwester hatte sie an „diesem schönen Tag“ bereits am Mittag mitgeteilt, dass „mit Jan Schluss ist“. In der U-Bahn habe sie heute, an „diesem schönen Tag“, zufällig einen jungen Mann aus ihrer Nachbarschaft getroffen. Man habe sich um 22 Uhr, an „diesem schönen Tag“, in einem Lokal verabredet. Leyla ist überhaupt nicht begeistert! „Mit Jan hast du heute Morgen Schluss gemacht und schon wenige Stunden später lachst du dir einen neuen Kerl an. Versuch doch einmal, dein Leben in den Griff zu bekommen!“
Thomas Arslan hatte 2001 eine Filmreihe namens „Berlin-Trilogie“ gedreht. Man sah diese „Berlin-Trilogie“ bereits im ZDF in der Serie „Das kleine Fernsehspiel“. Der Regisseur und Drehbuchautor präsentiert uns Zuschauern ganz normale Charaktere von nebenan. Diese, unsere Nachbarn, Vereinskameraden, Kollegen, Mitschüler spielen die Hauptrolle. Bei kurzer Recherche hätte Arslan auch eine reale Deniz und den ebenso realen Jan finden können, gerade in der Bundeshauptstadt Berlin. Dazu die reale Mutter, den realen Filmregisseur und die reale Leyla. Aber bestimmt hat schon vor über 20 Jahren der Datenschutz so etwas nicht zugelassen. Eventuell hätten die realen Personen Jahre später Arslan eindringlich gebeten, den Dokumentarfilm verschwinden zu lassen. Jetzt wolle man sich halt nicht mehr auf der Leinwand sehen, so die Begründung. Man müsse sich neugewonnenen Freunden und angeheirateten Verwandten erklären, warum man einst in einer Dokumentarsendung mitgewirkt habe. So haben Schauspieler die Rollen der irgendwo in Berlin lebenden Deniz oder Cathleen, Maria, Svetlana und des Jan oder Mohamed, Georg, Dimitri, Olaf übernommen. Den Schauspielern ist das in „Der schöne Tag“ sehr gut gelungen. (Text: Volker Neef/Foto: Pickpocket Filmproduktion/Berlinale)