Michael Brenner Foto: Michae Huppertz
Text, Foto, Moderation, Streaming, Postproduktion : Michael Huppertz by meinbrandenburg.tv
Prof. Michael Brenner ist Inhaber des Lehrstuhls für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Direktor des Center of Israel Studies an der American University in Washington, DC. Seit 2013 bekleidet er außerdem das Ehrenamt des Internationalen Präsidenten des Leo-Baeck-Instituts. Wir zeigen eine Interview Aufzeichnung vom Juli 2021 das unser Partner Michael Huppertz, meinbrandenburg.tv führte. Filmlänge 23:05
Immer mehr Jugendliche wenden sich rechtsradikalen Formen zu, die in ihrem Grundkonstrukt denen der Nationalsozialsozialisten der 30er Jahre ähnelt. Obwohl Millionen von Dokumenten und Zeitzeugenaufnahmen existieren, leugnen auch heute Unbelehrbare kategorisch den Holocaust. Das belegen alarmierende Zahlen. Die Gründe dafür sind vielschichtig, sagt Prof. Dr. Michael Brenner, mit dem wir ein transatlantisches Interview per Video-Streaming führen konnten. In dem Gespräch werden u.a. die Geschichte der Juden, die Auswirkung israelischer Politik sowie historische Erfahrungen im Umgang mit Sprache und Fake News im Zusammenhang mit der Etablierung des Nationalsozialismus angesprochen.
Ohne Albert Einstein und Heinrich Heine ist deutsche Geschichte undenkbar. Beide haben eines gemeinsam: das Judentum. Und das ist seit über 1.700 Jahren in Deutschland beheimatet. Der Historiker für jüdische Geschichte Prof. Dr. Michael Brenner (München/Washington D.C ) regt vor diesem Hintergrund an neue Wege im Bildungssystem zu gehen. Die letzten Holocaust Zeitzeugen sind verstorben und so ist es wichtig auf neue Weise das alltägliche Leben der Juden kennen und verstehen zu lernen. Brenner betont, das man nicht sofort Vergleiche aus der Nazi-Vergangenheit in das Heute übertragen soll – vielmehr sollte man aus der Geschichte lernen. Dies verdeutlicht Brenner mit seinen Forschungsergebnissen.
So wie der Nationalsozialismus Deutschland im Kern erschütterte, so hat es die AfD mit Aussagen seines ehemaligen Parteivorsitzenden Alexander Gauland geschafft für ein negatives Deutschlandbild in der Welt zu sorgen. Und dem, so Brenner, müssen wir entgegenwirken. Das geht nur mit Aufklärung, die bereits in der Schule mit neuer Methodik gestaltet werden muss. Entnazifiert muss Deutschland sicher nicht werden, so Brenner weiter, mahnt aber an , aus der Geschichte zu lernen. Hitler schaffte es immerhin den Nationalsozialismus als Religion darzustellen und auch Teile beider Kirchen mit ins Boot zu holen, die sogar einen „arischen Jesus“ konstruierten.
Ein weiteres Merkmal der Nationalsozialisten war der Umgang mit Sprache. Victor Klemperer hat das in seinen Tagebuchnotizen „LTI – Lingua Tertii Imperii“ festgehalten. Brenner weiß um die Geschehnisse aus erster Hand. Seine Mutter hatte als Zwangsarbeiterin – ein moderneres Wort für Sklavin – in Dresden von den Nazis eingekerkert arbeiten müssen. In dieser Zeit hat sie Victor Klemperer kennengelernt, beide mit gelbem Stern markiert und ständig mit der Angst vor Deportationen im Nacken.
Auf die aktuellen Geschehnisse in Israel angesprochen hat Prof. Brenner auch eine klare Haltung: „Gegen die Politik kann diskutiert werden, das Verbrennen einer Fahne vor der Synagoge dagegen sei die Grenze, das ist Antisemitismus.“.
Er erinnert auch an die Gründung des Staates Israel, bei dem der Hochverrats-Fall des Alfred Dreyfus in Frankreich sowie die Berichterstattung des Wiener Journalisten Theodor Herzl mit zur Gründung des Staates im Jahre 1948 beigetragen hatten. Israel ist ein kleines Land, das derzeit demografisch aus allen „Nähten“ platzt – zum Teil auch auf Kosten der Umwelt. Und das führt zu Spannungen, die letztendlich zu immer wieder aufflammenden kriegerischen Auseinandersetzungen in der Region führen. Diese können eben nur auf politischer Grundlage gelöst werden.
In der Quintessenz spricht Prof. Dr. Michael Brenner davon, dass Deutschland in der Verantwortung der Geschichte stehen muss, um friedlich miteinander auch mit anderen Gruppen wie Ausländer, Muslime und anderen zu leben.
Text/Foto: Michael Huppertz
Kamera/Schnitt: Michael Huppertz